Die Aldor Wiki
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== <span style="color: #8c8c8c; font-family: times; font-size: 32px; ">Disclaimer</span>==
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== <span style="color: #8c8c8c; font-family: times; font-size: 32px;">Disclaimer</span>==
<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">Alle hier zusammengefassten Kurzgeschichten behandeln den Hintergrund des Charakters, bevor dieser in das aktive RP trat. Sie erzählen aus seiner Vergangenheit und sollen die Entwicklung seiner Persönlichkeit näher beleuchten. Die hier nieder geschriebenen Informationen sind Metawissen, sollte der Charakter InGame nicht davon erzählt haben. Daher bitte ich darauf Rücksicht zu nehmen und diese Informationen nicht in das RP einfließen zu lassen, sollte es nicht erspielt oder von mir bestätigt sein, dass der Charakter gewisse Informationen aufgrund einer längeren Bekanntschaft haben kann.</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">Alle hier zusammengefassten Kurzgeschichten behandeln den Hintergrund des Charakters, bevor dieser in das aktive RP trat. Sie erzählen aus seiner Vergangenheit und sollen die Entwicklung seiner Persönlichkeit näher beleuchten. '''Die hier nieder geschriebenen Informationen sind Metawissen, sollte der Charakter InGame nicht davon erzählt haben.''' Daher bitte ich darauf Rücksicht zu nehmen und diese Informationen nicht in das RP einfließen zu lassen, sollte es nicht erspielt oder von mir bestätigt sein, dass der Charakter gewisse Informationen aufgrund einer längeren Bekanntschaft haben kann. Die Kurzgeschichten sind chronisch sortiert. Weitere werden der Timeline entsprechend hinzugefügt.</span>
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<span style="text-align:left; display:block; color: #8c8c8c; font-family: times; font-size: 23px;">Kleiner Mondschein</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''N'''ass fühlte sich die Wange unter dem Daumen an, als sie sachte über den feinen Schnitt strich. Tränen vermischten sich mit den geringen Rinnsalen an Blut aus den vielen kleinen Wunden. Ein schluchzen ließ die Brust des Jungen erbeben und obwohl noch das Wasser aus seinen silbern glühenden Augen quoll, hatte er ein Lächeln auf den Lippen. Wie ein Geschenk streckte der Junge seiner Mutter den wiedergefundenen Armreif entgegen. Ein Reif geformt wie die Sichel ihrer Göttin. Bis zum Ellenbogen zeichneten viele blutige Kratzer und filigrane Einstichwunden seine kleinen, zitternden Hände. Die Elfe kniete vor ihm. Auf dem makellosen Antlitz breitete sich ein sanftes und Trost schenkendes Lächeln aus. Ihr Lächeln war alles, was sich der Junge wünschte. Es war wie die Sichel der großen Mutter, so schön und strahlend am dunklen Nachthimmel. Ein Anblick, der euphorisches Glück in dem Jungen auslöste und Schmetterlinge in seinem Bauch flattern ließ. Er liebte ihr Lächeln, und sie liebte das Seine. </span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''E'''ine weitere Hand gesellte sich an das rundliche Gesicht mit den Pausbäckchen des kleinen Spitzohrs. Mit den Daumen strich sie über jeden Schnitt, die Tränen und das Blut fort. Sachte kratzten die langen Nägel über seine weiche Kinderhaut. „Mein kleiner Mondschein.“ Hauchend verließen die Worte ihre Lippen. Zauberhaft hallten sie in den Ohren und Gedanken des jungen Nachtelfen wieder, einer Symphonie gleichend. Sie klang nach Wärme, Frieden und Geborgenheit. Ihre langen und grazilen Finger fuhren ihm durch das Schulterlange und kobaltblaue Haar, ließen einzelne Strähnen zwischen Nägel und Fingern entlang gleiten. „Freust du dich, Mama?“ Stieß die kindliche Stimme stotternd und schluchzend hervor. Wie aus den Augen lief ihm auch das Wasser aus der Nase, über die bebenden Lippen auf denen er sich noch immer das Lächeln zwang. „Ja. Ja, mein Liebling.“ Ein silberner Schimmer folgte den streichelnden Bewegungen ihrer Daumen. Fahles Mondlicht schien aus den Verletzungen zu strahlen, ließ das Fleisch langsam verknüpfen. Kribbelnd kühl, angenehm und liebend fühlte sich die Magie unter der Haut des Jungen an. Mit der Wunde schwand auch langsam der Schmerz. </span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''Z'''wischen ihren Lippen blitzten die Fänge und Zähne hervor, so silbern strahlend wie die Schönheit des Mondes. Bestimmend und doch sacht zog sie den kleinen Körper näher zu sich. Zögerlich bewegten sich die kurzen Beine vorwärts und stolperten in die Arme der Mutter. Mit liebender Wärme drückte sie ihre Lippen auf die Stirn ihres Sohnes. Ein weiterer Kuss folgte auf den blauen Schopf. Das Schluchzen wandelte sich in ein freudiges Glucksen. An den Händen spürte der kleine Nachtelf den seidenen Stoff ihres Gewandes, die zarte Haut an Schulter und Schlüsselbein. Ihre Wärme und Liebe ließ ihn den Schmerz der vielen kleinen Wunden vergessen. „Was machst du nur für Sachen, mein kleines Vögelchen.“ Ertönte es zwischenzeitlich lachend von der Frau, dabei den Reif entgegen nehmend. An ihrem Arm fand er wieder seinen Platz, dort wo er hingehörte. </span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">„'''O'''h Yeshar! Was ist mit dir passiert?“ Die liebliche Stimme einer weiteren Schwester der Priesterschaft ließ den Jungen das Gesicht von der Brust seiner Mutter anheben. Der Kaldoreidamen begaben sich neben ihnen auf die Knie, den Jungen und seine Mutter sorgenvoll betrachtend. Zarte und auch schwielige Hände begannen ihm durch das Haar und über die Arme zu streichen. „Ich habe meinen Armreif bei der Tempelpflege wohl zwischen Dornengestrüpp verloren. Yeshar erinnerte sich daran und war tapfer genug, zwischen die Dornen zu krabbeln und mein Schmuckstück heraus zu holen.“ Ein entzücktes Seufzen wanderte durch die Runde der Damen. Ihre Hände streichelten über seinen Rücken, die abstehenden und viel zu groß wirkenden spitzen Ohren entlang. Ließen durch die Kraft ihrer Göttin einige der kleinen Schnitte an den Armen verheilen. Wie seine Mutter zuvor drückte eine der Priesterinnen ihm ebenfalls einen liebevollen Kuss auf die Wange. Die Tränen waren endgültig versiegt. Kichernd wie glucksend genoss er die ihm dargebrachte Liebe, bis er sich wieder an die Brust seiner Mutter kuschelte. „Geht vor, Schwestern. Wir gehen dich eben sauber machen.“ Ihre Arme um den schmalen Körper geschlungen, erhob sich die Priesterin. Die kleinen Hände gruben sich wie so oft in ihre Schultern, den Kopf an ihren Nacken schmiegend. Die restlichen Schwestern machten es der ihren gleich. „Ich komme gleich nach.“ Nahezu synchron nickten die angesprochenen Kaldorei. Die Priesterin wandte sich von ihren restlichen Schwestern ab, das Gewicht vom Sohn auf ihren Armen ein wenig verlagernd. Fließend glitt ihr Gewand den rhythmischen Bewegungen der Hüfte nach, als sie in Richtung des Tempels verschwanden.
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<span style="text-align:left; display:block; color: #8c8c8c; font-family: times; font-size: 23px;">Wächtereule</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''D'''er kleine Kaldorei musste den Arm zur Gänze ausstrecken, um die Hand seiner Mutter halten zu können. Zielgerichtet bewegten die beiden sich den Korridor entlang. Ihre Absätze hallten mit jedem Schritt in dem sonst gespenstisch stillen Gang wieder. Kaum mit tippelnden Schritten folgen könnend, mäßigte die Frau ihr Tempo zugunsten des Jungen. Zügig schien die Priesterin ihr Ziel erreichen zu wollen, blieb für ihn nicht mal die Zeit, einige Vögel auf der Balustrade beobachten zu dürfen. Immer wieder sah der kleine Kaldorei Hilfe suchend und unsicher zu seiner Mutter auf. Schleifte er zuvor noch seine Stoffpuppe von einer Wächtereule hinter sich her, wurde diese nun eng an den Körper gepresst und versuchte in dieser Trost und Mut zu finden. Manchmal bemerkte sie jedoch seinen sorgenvollen Blick und schenkte ihm das so sehr geliebte, warme Lächeln. Sie blickte in die großen und ängstlichen Augen eines Kindes, das noch rein gar nichts von dem alltäglichen Leben als Erwachsener verstand. Dass die Hetze nicht verstand, wenn man zu spät für ein wichtiges Treffen kam. Es war ja nicht mehr lang, dachte die Priesterin sich. </span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''S'''ie bogen um eine letzte Ecke und kamen vor einer massiven Doppeltür zum Stehen. Ehrfürchtig sah der Junge zu der imposanten und mit verschlungenen Reliefs verzierten Tür auf. Von einer nahen Bank erhob sich eine junge Priesternovizin zur Pflichtbewussten Verneigung ihrer höher Gestellten und trat nach einem herüber winken auch näher. Seine Stoffpuppe weiterhin an den Leib drückend, unterbrach der Junge erst regelrecht eingeschüchtert den Sichtkontakt zur Tür, als sich das Antlitz seiner Mutter dazwischen drängte. Sie sank langsam zu ihrem Sohn herab, nicht nur um ihm auf Augenhöhe zu begegnen, sondern auch tröstlich durch Haar und über die Wange zu streichen. </span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">„'''I'''st etwas Schlimmes, Mami?“ Fragte der kleine Kaldorei während er sein Gesicht mehr und mehr in der Stoffeule vergrub. Ihr heiteres Lächeln ergoss sich über das Herz des Jungen wie eine Welle, die einen Teil der unbegründeten Sorgen davon spülte. Ihre Worte und gesegnete Stimme bestärkten sein Vertraue weiterhin. „Nein, keine Sorge. Ich treffe mich nur mit ein paar Schwestern. Wir müssten etwas besprechen, weißt du?“ Ihre silbernen Augen wanderten hoch zu der jungen Priesternovizin nahe bei ihnen. „Ich kann dich leider nicht mitnehmen. Schwester Laubbriese wird dich aber zu anderen Kindern bringen, mit denen du spielen kannst.“ Mit der Unsicherheit eines eher schüchternen Kindes sah der Junge zu seiner Aufpasserin hinüber. Wohl versuchte sie ihm ihr ein Lächeln zu schenken, dass herzlicher und einladender nicht sein könnte, doch konnte er es nicht erwidern. „Warum darf ich nicht mit?“ Näher getreten suchte seine Hand den Saum ihres Kleides und umgriff ihn so fest, wie eine Kinderhand es vermochte. In den großen Augen lag eine flehende Bitte ausgesprochen als Frage. Die Priesterin wusste sie nur mit einem entschuldigenden Lächeln zu beantworten. „Weil wir da streng geheime Priestersachen besprechen. Und wenn du mitkommst könnte Grünschnabel uns noch ausspionieren.“ Mit spielerischem Gurren drückte sie den Schnabel des Stofftieres an die Wange ihres Jungen, bis das ausgelassene Kichern eines Kindes den Gang erfüllte. Sie stimmte nur leicht mit ein, denn ihn wieder glücklich zu sehen genügte ihr, um sich zu erheben und ihr Kleid glatt zu streichen. „Sei nicht zu schüchtern und schön nett zu den anderen Kindern, mein Liebling.“ Mit großen Schritte überwand sie die restlichen Meter zu der Tür, bevor der Junge auch nur realisierte, dass sie tatsächlich dorthin verschwand. Die beiden Hälften aufgedrückt trat die Priesterin herrschaftlich ein, als ihr junger Sohn versuchte hinterher zu stolpern und die Kaldorei sich doch dazu verpflichtet sah, einige letzte und beschwichtigende Worte an den Jungen zu richten. „Es wird nicht lange dauern, Yeshar. Und du wirst nicht alleine sein. Schwester Laubbriese ist bei dir und die anderen Kinder auch. Sie ist ganz freundlich und du wirst ihr alles anvertrauen können.“ Behutsam, aber bestimmend drückte sie den Kaldorei von der Tür zurück. „Wir sehen uns gleich wieder.“ Nach diesen Worten fielen die beiden Türen auch ins Schloss und die Mutter war dahinter verschwunden.</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''O'''bwohl der Junge sich mit seinem gesamten Körpergewicht einmal gegen die beiden Türen stemmte, vermochte er diese nicht zu öffnen und so stand er vor diesem unüberwindbaren Hindernis, das gerade seine Mutter verschluckt hatte. So verloren wie ein Rehkitz allein im großen Wald. Vorsichtig näherte sich die angesprochene Priesternovizin dem Jungen und begab sich neben diesem in die Hocke. „Hallo Yeshar. Ich bin Schwester Laubbriese. Wenn du möchtest bringe ich dich zu den anderen. Sie spielen draußen im Tempelgarten.“ Zögerlich sah er zu der netten Novizin. Eine Hälfte seines Gesichts verschwand im Stoff seiner Eule, während er die Kaldorei mit einem glasigen Auge traurig ansah. Mitgefühl schlich sich auf ihre weichen Züge, das Lächeln vertiefte sich dadurch. Verunsichert und schüchtern beäugte der Junge ihre Hand, als sie ihm die einladend entgegen streckte. „Wenn du mit den anderen spielst geht die Zeit viel schneller rum. Ich bin ganz nett und die anderen Kinder sind es auch. Wir passen hier auf jeden auf, wie eine Säblerkatze auf ihre Jungen.“ Ein ganzer Moment verstrich und tapfer hielt der kleine Nachtelf die Tränen zurück, als er schlussendlich nach der Hand griff und lediglich ein Schniefen hervor brachte. Doch auch das wurde zum Großteil von seinem Stofftier verschluckt. </span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''B'''is hoch in den Himmel war das Lachen und verspielte Kreischen der Kinder in den Tempelgärten zu hören. Sie tobten ungezügelt über die grüne Wiese und durch das herabgefallene Laub. Fingen einander, oder wurden beim Verstecken so leise wie kleine Mäuschen. Zwei Kaldoreidamen hielten dabei ihre wachsamen Augen auf die Schützlinge, ruhten auf einer der Tempelbänke in der Nähe oder beteiligten sich an verschiedenen Versteck- und Fangspielen. Unter die Kinder hatte sich auch Yeshar gemischt. Mittlerweile lachte und jauchzte der Junge, als würde er jedes der Kinder seit langer Zeit kennen. Anfangs zierte sich der schüchterne Nachtelf noch, doch die Offenheit seiner Spielkameraden bewirkte Wunder ihn aus der Deckung zu locken. Wie von der Priesterin vorhergesagt verflog die Zeit. Kaum eines der Kinder merkte, dass die untergehende Sonne das Licht in warme Töne tauchte und dem geliebten Mond am Nachthimmel Platz machte. Die Laternen schimmerten magisch auf als die Priesterinnen die Räumlichkeiten nach der Besprechung verließen. Selbst unter Tausenden Stimmen und trotz jeder Ablenkung würde Yeshar stets die seiner Mutter heraus hören. So auch dieses Mal. Die Worte mochten auf der Entfernung noch ein Flüstern sein, aber er horchte auf und sah sich suchend um. Am Rande der Wiese entdeckte er die Priesterin, begleitet von einer Schwester und ihrem treuen Säbler Rionn. Beinahe schneller als die kurzen Beine den Jungen tragen könnten sprintete er in Richtung der vermissten Mutter.</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">„'''W'''enn diese aufgeblasene Wächterin was zu melden haben will, hätte sie den Weg einer Mondpriesterin gehen sollen!“ Zeterte die Frau gegenüber der anderen Schwester, welche mit kuriosem Interesse und wohl auch etwas Amüsement den Kopf seitlich legte. „Einfach dreist, was sie mittlerweile glauben sich herausnehmen zu dürfen. Solange eine Priesterin an der Spitze steht, hat sie das Kommando über unsere Schildwachen. Diese alte Furie soll mir nochmal Befehle husten…“ Noch mochte der Junge den Sinn hinter den Worten nicht verstehen, den Klang ihrer Stimme allerdings schon. Allerdings war die Freude vom Wiedersehen seiner Mutter zu groß, um sich davon irritieren zu lassen. Die Kaldorei musste auch nur ihren Blick auf den anlaufenden Jungen richten, damit sich wieder ein Lächeln auf ihren Gesichtszügen ausbreitete. Ein leises Grollen entkam dem Säbler beim Anblick des anlaufenden Jungen. Seine Ohren legten sich mit jedem näher kommenden Schritt weiter zurück, bis die Frau seinen massiven Kopf sachte tätschelte und kraulte. Mit überschwänglicher Freude fiel der Junge seiner Mutter an das Bein, presste sich daran als wäre ihr letzter gemeinsamer Tag. Wie dem Säbler zuvor über das Haupt, fuhr ihre mit Ringen geschmückte Hand liebevoll durch das blaue Haar des Sohnes. </span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">„'''S'''iehst du? Hat doch gar nicht so lange gedauert.“ Raunte sie unter einem fürsorglichen Lächeln zu dem Kaldorei. „Ich hoffe du hattest in der Zeit viel Spaß mit den anderen.“ Ein eifriges Nicken vom Jungen sollte der Dame Antwort genug sein und mit seinem Lächeln vertiefte sich ihr eigenes. Sehnsüchtig schmiegte er sich einen langen Moment an ihr Bein. Die Damen führten derweil ihr Gespräch fort. Yeshar verstand ohnehin nichts davon, so lag seine Aufmerksamkeit auf den Worten seiner Mutter, sondern auf ihrer Wärme und reinen Anwesenheit. Irgendwann entschied er sich wieder Abstand einzunehmen und den Säbler neben der Priesterin als Ziel seines Kuschelbedürfnisses auszuwählen. Leise grollte die Raubkatze, als der Junge etwas unbeholfen die Arme um den viel zu großen Kopf schlang und sein Gesicht in das weiche Fell vergrub. Die Krallen seiner Vorderläufe zeigten sich und versanken im Grund. Passend dazu peitschte der Schwanz wild in die Luft. Doch trotz seiner Anspannung ließ die Rionn die Welle an Zuneigung über sich ergehen, widerwillig. „Wir sprechen morgen weiter. Lasst es mich aber wissen, wenn die Wächterin zur Tat schreitet.“ Schienen die abschließenden Worte an die Schwester zu sein, woraufhin sich beide kurz voreinander verneigten. Während die eine in Richtung Räumlichkeiten der Tempelanlage davon zog, gesellte sich Novizin Laubbriese mit dem Stofftier des Jungen im Arm zu ihnen. Bei dem Anblick seiner Wächtereule ließ er zur Erleichterung des Säblers endlich von diesem ab und nahm sein Stofftier mit ausgebreiteten Armen entgegen. Er drückte es kaum fest umschlungen an sich, da griff seine Mutter dem jungen Kaldorei auch unter die Arme und hob ihn auf den Rücken des Säblers. Missmutig murrte der Kater bei dem Gewicht auf seinem Rücken und schabte mit den Vorderpfoten über den Boden. Kaum spürte der Junge das Fell des Säblers unter sich, beugte er sich vor und legte sich regelrecht auf den Rücken des massiven Wesens ab. Mit einem glückseligen Lächeln auf den Lippen kuschelte er sich nicht nur an sein Stofftier, sondern auch in den weichen Untergrund. Die Priesterin bedankte und verabschiedete sich, der Junge winkte der freundlichen Novizin noch. Dann brachen sie auf in Richtung der eigenen Heimat.
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<span style="text-align:left; display:block; color: #8c8c8c; font-family: times; font-size: 23px;">Blut im Sand</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''H'''eftig zerrten die Winde am Haar des Druiden, als sie den Höhepunkt der Gebirgskette erreichten. Die ersten mitgetragenen Sandkörner streiften rau an der Haut entlang. Flüche kamen über die Lippen des Kaldorei, die jedoch zur Gänze von dem lauten Rauschen um seinen Ohren verschluckt wurden. Er hätte sich vollständig vermummen sollen, ging es ihm dabei nur durch den Kopf und blinzelte die Sandkörner aus den Augen. Wenn nicht der Wind die mittlerweile zu schmalen Schlitzen verengten Sehorgane zum Tränen brachte, dann bald die ersten Sandwolken in der Luft. Wenigstens hatte er an einen Zopf gedacht. Yeshar wusste genau, warum er es bevorzugte selbst zu fliegen. Doch mahnte sein Shan’do ihn, die Kräfte zu sparen. Er würde sie im Lazarett brauchen. Ein leichter Anflug von Nervosität breitete sich bei dem Gedanken an besagten Ort in ihm aus. Der Mann kannte keine Kriegsgebiete, geschweige den Anblick der Nachwirkungen eines solchen. Silithus wäre wie eine Feuerprobe für den Thero’shan. Glück im Unglück für ihn war ihre Ankunft verspätet. Berichten zufolge schien die Schlacht geschlagen. Ahn’qiraj wurde mithilfe von Drachenmagie versiegelt, sodass die Verstärkung der mächtigsten Qiraji versiegte. Nun herrschten noch kleine Scharmützel, um die letzten Streitkräfte auszuschalten und die Sande des Landes zu sichern. Aufgrund vieler Verletzter wurde weitere Unterstützung durch fähige Heiler bei der Versorgung angefordert. Doch auch ohne eine klare Anweisung vom Zirkel wären wohl Yeshar und sein Shan’do in Richtung der ewigen Sande gereist. Persönliche Sorgen belasteten sie und Gewissheit über den Verbleib geliebter Personen hätte sie nach Silithus getrieben. Ihre Fähigkeiten waren da nur ein Vorwand.</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">''D''ank dem Geleitschutz durch Schildwachen konnte sich der Druide beim durch fliegen einer Sandwolke zusammen gekniffene Augen leisten. Sie hielten den Hippogryphenflug in Formation, ein abdriften blieb daher ausgeschlossen. Der langsame Verlust an Höhe, nachdem sie die Gebirgskette hinter sich ließen, ließ sie vermehrt durch dichte und Sicht blockierende Sand- und Staubwolken fliegen. Erst als der Druide keinen der peitschenden Sandkörner auf seiner Gesichtshaut spürte, wagte er wieder die Augen zu öffnen. Es bot sich ein Anblick, der ihm jede Sprache verschlug und schwer schlucken ließ. Aus der Luft erschienen die zerlegten Giganten der Qiraji nach wie vor massiv und unwirklich. Zwischen ihnen fand sich gar ein entstellter und eindeutig lebloser Bronzedrache. Yeshar wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie nur die Hilfe der Drachenaspekte die Qiraji in ihrem eigenen Tempel einsperren konnten. Der Sand war Flächenweise von getrocknetem Blut getränkt und gar der Wind vermochte diesen nicht davon zu tragen. So viele Insektoiden prallten noch in Schwärmen auf Verteidiger in äußeren Positionen oder dominierten die Luft über ihnen. Allerdings zeichnete sich auch ab, dass die Nachtelfen die Silithiden langsam zurück drängten. Und in der Ferne ragten zwischen niedrig schwebenden Staubwolken die Umrisse ihrer Tempelstätte empor. Eindrucksvoll wie furchteinflößend. Die Gefahr war nur eine Mauer entfernt, dachte sich der Nachtelf. Was wenn das Siegel bricht? Und die Insektoiden erneut über die Land schwärmten? Diese Fragen würden erst in fast tausend Jahren von Relevanz sein.</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''W'''enn auch der Anblick nur für einen Moment galt, da sie schon bald durch weitere Sandwolken flogen, so würde er sich noch für lange Zeit in das Gedächtnis des Thero’shan einbrennen. Die Schildwachen navigierten die Druiden durch eine gesicherte Flugzone, sodass sie keinen Angriff durch fliegende Silithiden zu befürchten hatten. Endlos lang kam Yeshar der Landeanflug vor, bis sein Hippogryph endlich wieder festen Boden untern Hufen und Klauen verzeichnete und der Kaldorei von dem Tier absitzen konnte. Er strich dem Wesen dankend durch das Gefieder und machte sich daran, den Sand aus den zurückgebundenen Haaren und der Kleidung zu schütteln. Auch hier war es sein Glück, dass der Bart bisher nicht über die Stoppeln hinaus ging und sich keines der kratzigen Körner darin verfangen konnte. Shan’do Traumklaue machte es dem Thero’shan ähnlich, wenn auch entschieden grober. „Verschwendet nicht zu viel Zeit darauf, Euch den Sand vom Körper zu klopfen. Hier könnte es zu einer Tagesbeschäftigung werden.“ Riet der Heiler seinem Schüler mit üblicher Kühle in der Stimme und spreizte knarzend die holzigen Klauen an seinem rechten Arm, ehe dieser unter dem weißen Fellüberwurf verschwand. Sie lösten noch die Taschen von den Sätteln und ließen sich dann zu dem Lazarett führen. Auf einer weiten Gesteinsfläche überdeckt mit einer dünnen Schicht Sand wurde eine Anzahl von diversen Zelten aufgebaut. Verschiedene Kaldorei, einfache Kräuterkundige wie Druiden und Priesterinnen eilten von Zelt zu Zelt. Der Platz wurde erfüllt von stöhnen, schreien und wimmern der Verletzten, darunter die Rufe einzelner Helfer. Die Geräuschkulisse glich einer Kakophonie, aus der kein klares Wort vernehmbar schien. </span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''L'''eid in dem Ausmaß kannte Yeshar nicht. Es verlangte viel von ihm ab, sich nicht die Ohren zuzuhalten und all dies einfach auszusperren. Er musste sich zusammenreißen. Die Brüder und Schwester verließen sich hier auf seine Unterstützung. Wenn auch der Mann nicht im Geringsten wusste, wo er überhaupt anfangen sollte. Es schien ihm beinahe so, als würde er überall gleichermaßen gebraucht werden. So stand er da, lauschte den Erklärungen der herbei geeilten Priesterin und fühlte sich irgendwie… hilflos. Sein Shan’do wusste dem Druiden allerdings klare Anweisungen zu geben. Er mochte noch nicht lange in der Ausbildung sein, aber sein bisheriger Wissensstand reichte bei diversen Verletzungen aus. Um die sollte er sich kümmern. Eigenständige Behandlungen durchführen und nach Möglichkeit auf den Einsatz von Magie verzichten. Sie konnten hier auf keine Ressourcen zurückgreifen, außer der eigenen Lebensenergie. Traumklaue widmete sich den schweren Fällen und suchte nach seinem Gefährten. Die Priesterin wusste ihm keine Auskunft zu geben, wies ihn aber an andere Druiden der Klaue weiter. Hier trennten sie sich vorerst. Auch in Yeshars Interesse lag es jemanden unter all den vielen Kämpfern zu finden. Bei den Lauten der Verletzten, dem Anblick der toten Qiraji und vielen weiteren Gefallenen aus den eigenen Reihen hatte sich bereits ein dicker Kloß in seinem Hals gebildet. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass seine Gefährtin überlebt hatte? Er könnte nur zwei Nachrichten erwarten. Doch wie bei seinem Shan’do zuvor konnte die Priesterin nichts zu der Frau sagen. Jedoch könnte es eine der Kommandantinnen. </span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''A'''uf Umwegen schaffte der Druide eine der Kommandantinnen der Schildwachen anzutreffen. Seine erste Pflicht war die Versorgung von Wunden und dieser widmete er sich, bis sich erste Flecken von Körperflüssigkeiten auf seiner Robe abzeichneten. Vielleicht war es zu seiner Gunst, dass er den Schnitt an der Wade einer Kommandantin nähte. „Kennt Ihr Schwester Sennya Fuchslaub? Sie hat sich als eine der Schildwachen an den Kämpfen hier in Silithus beteiligt.“ Zwischen zwei Stichen sah der Mann hoffnungsvoll zu der Kommandantin. Von den Beruhigungsmitteln im Geiste unklar, strengte sich die Frau wohl an eine Erinnerung zu dem Namen abzurufen. „Ich kenne die Schwester, ja. Aber sie ist nicht in meiner Einheit und ich weiß auch nicht, ob sie es geschafft hat.“ Nickend deutete sie zu einer Kaldorei am anderen Ende des Zeltes. „Sie untersteht Schwester Wolkentänzer. Fragt sie.“ Die Trockenheit in seinem Rachen erschwerte dem Mann das Schlucken, als er mit dem Blick der Geste folgte. Bevor er sich wieder der Naht widmete, schenkte er der Frau ein gequältes Lächeln. „Danke. Werde ich.“ Er kam seiner Pflicht nach bestem Gewissen nach. Erst dann wagte er das Gespräch mit der genannten Kommandantin zu suchen. „Schwester Fuchslaub? Ich kann Euch beruhigen, denn sie lebt. Ihr geht es sogar deutlich besser, als vielen anderen hier.“ Mit der Erleichterung auf seinen angespannten Zügen kam auch der Kaldorei ein Lächeln über die Lippen. Der Knoten in seinem Magen konnte sich endlich lösen. Die schlimmsten Befürchtungen kamen dem Druiden bereits, als er von der Vielzahl an Gefallenen hörte. „Wisst Ihr auch wo ich sie finde?“ Harkte er mit neuer Hoffnung nach. Allerdings wusste sie in der Frage nur geringfügig weiterzuhelfen. „Ich weiß es nicht genau. Zuletzt sah ich sie einen verletzten Verteidiger vom Zirkel begleiten. Ich glaube sie brachten ihn in eines der Zelte im Norden des Platzes.“ Der Mann nickte eifrig und neigte aus Dank sein Haupt tief vor der Kommandantin. „Habt vielen Dank, Schwester.“ Wenn auch der genaue Ort unbekannt blieb, hatte der Mann nun Gewissheit und eine konkrete Richtung seine Liebste zu finden.</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''A'''uf direktem Weg gelangte Yeshar nicht zu seiner Gefährtin. Seine Fähigkeiten als angehender Heiler wurden noch mehrfach erlangt. Zumal ihm die Information fehlte, in welchem Zelt sich seine Partnerin aufhielt. So legte sich bald schon die kühle der Nacht über die Wüste von Silithus, als der Mann endlich den entscheidenden Hinweis erhielt, wo er Sennya finden würde. Voller Erwartung streifte er also den Stoff vom Zelt beiseite und ließ seinen Blick durch das Zelt streifen. Jeder Platz war belegt. Die Lautstärke setzte sich aus Gemurmel und Gewimmer zusammen, hielt sich aber in Maßen. An verschiedenen violetten Haarschöpfen blieb der Mann erst hängen, die aber nicht zu seiner Geliebten gehörten. Nachdem er einige Schritte durch die Reihen ging machte er sie mit den goldenen Augen ausfindig, und erstarrte. Äußerlich sah er ihr den Krieg an. Die Haare zerzaust, an den wenigen freien Hautstellen sah er entweder Blutergüsse oder den Sand kleben. Doch war es nicht ihr Anblick, der den Druiden stocken ließ. Es war das Gesamtbild. Sie kniete über einem anderen daliegenden Elfen gebeugt. Sein rechtes Bein wurde geschient, wobei der noch frisch aussehende Verband sich mit dem Blut ausgiebig tränkte. Beide schmiegten ihre Köpfe aneinander, drückten gegenseitig die Hände oder strichen sich liebevoll durch Haar und über das Gesicht. Gar Küsse wurden ausgetauscht.</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''S'''ie hat nie von einem Bruder erzählt, dachte sich Yeshar. Weil sie keinen hat, flüsterte ihm eine andere Stimme in seinem Kopf. Dieser Anblick ließ in ihm eine unangenehme Leere zurück, gedanklich wie körperlich. Er sollte wütend sein, zornig. Auf Sennya zugehen und sie zur Rede stellen. Doch der Mann fühlte nichts, nur Hilflosigkeit. Ein Kratzen breitete sich in seinem Rachen aus, die Zunge fühlte sich mit einem Mal rau und irgendwie geschwollen an. Eigentlich wollte Yeshar umdrehen und alles was er sah schlicht vergessen. Seine Füße setzten den Druiden auch wieder in Bewegung, allerdings in die entgegengesetzt Richtung. Genau wusste der Kaldorei nicht, wie ihn seine Beine neben die beiden trugen. Einen Moment später konnte er sich an die Bewegung nicht mal mehr erinnern. Doch welches sich in sein Gedächtnis einbrannte war ihr panisch erschrockener Blick, als sie endlich von dem neuen Geliebten zu dem Druiden aufsah. „Yesh-, Bruder Weidenranke!“ Stieß sie mit einem Schock und überspielter Erleichterung hervor. Yeshar antwortete nicht. Sein Antlitz blieb so blank und frei von jeden Emotionen wie eine Statue. Die goldenen Iriden musterten weiterhin das Bild vor sich. Zu seinem Erstaunen schien der Fremde überrascht von dem plötzlichen Ausbruch seiner Begleitung. „Ihr kennt Euch? Ich habe Euch nicht zwischen den Verteidigern gesehen.“ Mit ehrlicher Verwunderung wechselte der Blick zwischen den beiden. Sennya versuchte ihre Nervosität runter zu spielen, doch dafür kannte der Druide sie bereits zu lange. Flehend sah sie zu dem Kaldorei auf. Sie sprach die Worte nicht aus, doch konnte er ihre Entschuldigung so von den Gesichtszügen ablesen. Für sie beide musste es wie die unangenehmste Ewigkeit vorkommen. Eine unfassbare Anspannung lag in der Luft, greif- und spürbar. Der Verteidiger blieb aber ahnungslos. Er wusste es nicht. Genauso wie Yeshar nichts wusste. Bis jetzt. </span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">„… '''J'''a.“ Bricht der Druide schlussendlich das Schweigen. Für ihn versteifte sich Sennya sichtbar. Einen Moment ließ er einen eindringlichen Blick auf der Frau ruhen, dann sah er zu dem Verteidiger und sprach, als er sich langsam neben diesem kniete: „Wir sind alte Bekannte. Ich bin Heiler und vor wenigen Stunden erst zur Unterstützung eingetroffen. Braucht Ihr weitere Hilfe mit Eurer Beinverletzung? Habt Ihr noch andere Verletzungen oder Schmerzen zu beklagen?“ Diese Worte sorgten dafür, dass in beiden etwas starb. Von Sennya fiel jegliche Anspannung ab, Erleichterung erblühte und wich gleich wieder einer Spur von Trauer, in welcher sie die Hand ihres neuen Gefährten mit einem bestärkenden Lächeln fester drückte. Dem Druiden erging es nicht anders, doch versteckte er den emotionalen Schmerz hinter einer kalten und professionellen Maske. Er war nicht für irgendein Liebesdrama hier, sondern um den Verletzten zu helfen. Das schloss auch den neuen Gefährten seiner nun ehemaligen Geliebten ein. „Eine Priesterin gab mir vorübergehend etwas, damit ich nicht an der Wunde verblute und hat sie verbunden. Aber wegen einem schwereren Fall musste sie weiter.“ Bei der Erklärung lehnte sich der Mann wieder erschöpft seine Matte zurück. Yeshar nickte und machte sich daran, alle benötigten Mittel und Utensilien bereit zu legen. „Ich werde es mir ansehen und die Wunde behandeln. Wenn die Schmerzen zu stark werden scheut Euch nicht davor um Mittel dagegen zu bitten.“ Ein dankbares Lächeln zeichnete sich bei dem Nicken auf den Zügen des Verteidigers ab. „Danke…“ Hauchte nun auch Sennya demütig und wagte mit ihrem Blick den des Druiden zu suchen. Stolz erwiderte der Kaldorei ihn, während seine Hände flink und schnell den Verband vom Bein lösten. „Nicht dafür.“ Kam lediglich als kühler Respons.</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''S'''orgfältig reinigte der Mann im glasklaren Wasser das Geschirr vom Blut. Ein kleiner Tropfen aus den Mondbrunnen genügte, sodass es desinfizierte und ihm gar während des Waschens neue Kraft schenkte. Mitsamt den genutzten Utensilien säuberte er auch gleich die verschmierten Hände. Konzentrierte auf diese Tätigkeit schien der Mann gar kleinlich in dieser Ausführung. Rieb sich mehrere Male über dieselben Stellen, obwohl kein Blut mehr zu sehen war. Auf leisen und federleichten Sohlen näherte sich Sennya, vorsichtige und beinahe zurückhaltend. „Yeshar?“ Beim Klang ihrer Stimme wandte dieser seinen Blick und vermittelte so seine ungeteilte Aufmerksamkeit. „Ich möchte dir nochmal danken. Für alles.“ Sie schluckte mit einem gepressten Lächeln auf den Lippen. Für einen langatmigen Augenblick starrte er die Kaldorei vor sich schweigend an, musternd und urteilend. Dann widmete er sich wieder ausgiebiger seiner Reinigung. „Ein Lazarett ist der denkbar schlechteste Ort, um eine Szene zu schieben.“ „Du warst auch nie der Typ für sowas!“ Ein nervöses Lachen folgte von ihrer Seite, doch erstarb es so schnell wie es kam, als sich nicht einige anteilnehmende Regung auf seinem Antlitz zeigte. Einige Minuten in die Vergangenheit versetzt breitete sich wieder das unangenehme Schweigen auf, das ausschließlich von dem plätschernden Wasser gestört wurde. Ihre Augen fuhren über alles in der Umgebung, das sich neben dem Kaldorei finden konnte, während er nahezu versessen in das Becken und auf seine Hände starrte. „Er wusste auch nichts.“ Sprach er schlussendlich den Kodo im Raum an. Tief musste die Schildwache einatmen, um das eine Wort mit ausreichend Atem zu erfüllen, und doch war es nur ein schwaches und erschöpftes hauchen. „Nein.“ Seine goldenen Augen suchten wieder die Frau. Etwas Strafendes lag in ihnen. „Du warst zu uns beiden unehrlich.“ Ihre Unterlippe begann leicht zu beben. Mittlerweile nahm der Druide die Hände aus dem Wasser und schüttelte schwere Tropfen von ihnen ab. „Ja.“ Ihre zittrige Stimme war nun mehr ein Flüsterton. Um ihm entgegen zu kommen griff sie nach einem Tuch in der Nähe und reichte es dem Mann. „Es tut mir Leid.“ Ohne jedes zögern nahm er das Tuch an, verblieb dabei weiterhin kühl und distanziert. „Mir auch.“</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''N'''ach seinen Händen nutzte er das Leinentuch, um auch die Werkzeuge sorgsam zu trocknen. „Ist er der Grund, warum du dich dem Krieg gegen die Silithiden angeschlossen hast?“ Fragte er nach einem weiteren, peinlichen Schweigemoment ohne jegliche Wertung in der Stimme. Sie lehnte sich mit der Hüfte sachte an die Unterlage hinter sich und schlang die Arme um den Körper. „In meiner Einheit erhielten wir die Berichte von den ständigen Verlusten im Süden Kalimdors. Als wir dann unsere Streitkräfte neu sammelten, wurde er eingezogen. Ich wollte und konnte ihn nicht allein ziehen lassen.“ „Ich verstehe.“ Hielt sich der Mann weiterhin kurz und bündig. Seine knappe wie kalte Antwort entlockte der Kaldorei ein Seufzen und mit einer nervösen Geste strich sie sich einzelne Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Ich wollte dir alles sagen. Noch bevor ich diesen Schritt mit Sylvir ging. Aber-„ „Aber Liebe kann man schlecht terminieren, insbesondere wenn man gar ein gemeinsames Bad nimmt.“ Fiel er ihr mit scharfer Zunge und bitteren Ausdrücken ins Wort. Yeshar griff sich seine Instrumente und legte das Leinentuch auf der Unterlage ab. Aus dem Augenwinkel bemerkte er noch den Wandel der Mimik auf Sennyas Gesicht. Eine kleine Stressader bildete sich auf ihrer Schläfe, als sie die Lippen aufeinander presste und die Augen schloss. Der Druide wandte sich ab, schloss die Distanz zu einem weiteren Tisch und begann die einzelnen Utensilien nebeneinander auf ein anderes Tuch zu legen. „Aber du warst nie da.“</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''I'''n ihrer Stimme lag nun mehr Selbstbewusstsein. Ihn ließ es in seiner Tätigkeit stocken und einen Blick über die Schulter werfen. „Bitte?“ „Du warst NIE da!“ Wiederholte die Frau mit deutlichem Nachdruck, stieß sich mit der Hüfte ab und schloss die wenigen Schritte zu dem Mann. Mit neuem Stolz sah sie zu dem Mann auf. „Wie sollte ich dir von Sylvir erzählen, wenn du in den letzten 300 Jahren nicht einen Fuß in die Heimat gesetzt hast? Wenn du nicht in Val’shara warst, dann bist du mit deinem Shan’do gereist!“ Emotionen in Form von wütenden Falten zeichneten sich erstmalig auf der Stirn des Druiden ab. „Meine Ausbildung lässt mir nicht viel persönlichen Freiraum, das weißt du. Du hättest wenigstens eine Nachricht für ein wichtiges Treffen schreiben können!“ Langsam wurde die Frau aufbrausender. „Ich habe dir geschrieben! Ich habe dir ständig geschrieben, dass ich dich sehen möchte. Ob du die Heimat besuchen kommst, oder ob ich nach Val’shara kommen soll. Aber du hast mich mit jeder Antwort immer nur vertröstet! Entweder hat dich dein Shan’do raus in die Welt gezerrt, oder du warst zu beschäftigt in Val’shara! In jedem Brief habe ich dir geschrieben, wie sehr ich dich vermisse und dich sehen möchte! Aber du hast du immer nur von Geduld geschrieben! Erst als ich dir verkündete mich dem Krieg gegen die Qiraj anzuschließen sahst du endlich die Notwendigkeit, zum ersten Mal mich zu besuchen. Hätte ich dir etwa in einem der vielen Briefe schreiben sollen, dass ich in Sylvir eine neue Liebe gefunden habe?“ Zwischen den einzelnen Worten nahm die Frau nur kurze Atemzüge, wurde tendenziell lauter und aufgebrachter. Lange schien sie den Frust über die Partnerschaft in sich aufgebaut zu haben. Nun hatte Sennya die Gelegenheit dem Luft zu machen. Obwohl Yeshar deutlich ruhiger und gefasster verblieb, war auch ihm der Ärger über die Gesamtsituation anzusehen und vor allem auch aus seinen Worten zu hören. „Wir wussten beide, was der Beginn meiner Ausbildung bedeuten würde. Und auch wenn wir erst stritten, hast du der Sache zugestimmt und wolltest mich unterstützen. Glaube mir, wenn sich die Gelegenheit für einen Besuch ergeben hätte, dann wäre ich regelmäßig bei dir gewesen. Doch 300 Jahre sind kurz, wenn man durchgängig beschäftigt ist.“ Ein tiefer Atemzug folgte. Bei seinen kommenden Worten sah der Mann instinktiv zur Seite. „Ich habe mir keine andere gesucht, falls du das dachtest. Ich blieb treu.“ </span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''D'''ie Hitze ihrer Wut kühlte etwas herunter und Traurigkeit trat in den Vordergrund. Ihre silbernen Augen bekamen durch aufkommenden Tränen einen neuen Schimmer. „Das Versprechen hast du nicht gebrochen. Dafür ich…“ Ärger machte der Verwunderung auf seinem Antlitz Platz und er schrägte leicht den Kopf an. „Ich… hätte mich dir mehr widmen sollen. Doch ging ich nie für lange Zeit in den Traum.“ Sennya reckte das Kinn und schluckte tapfer die Tränen fort. Am Ende war sie eine Schildwache, die sich von ihren Emotionen nicht vollends überwältigen ließ. „Du hast es früher nicht verstanden und du verstehst es auch heute nicht. Als ich dir sagte, dass du mich für den Traum nicht verlassen sollst, ging es mir nie um den Traum. Du solltest nicht an Orte gehen, an denen ich dir nicht folgen kann.“ Wieder fanden die Arme um ihren Körper und schlangen sich darum. Betroffen wanderte ihr Blick zu Boden und obwohl in dem Druiden das erste Bedürfnis aufkam, die Frau in den Arm zu nehmen, hemmte ihn etwas daran. Vielleicht war die plötzlich abweisende Ausstrahlung ihrerseits. Oder weil er wusste, dass nicht er Trost zu schenken vermochte. Dafür konnte sie nun einen anderen aufsuchen. „Du weißt, dass ich nie eine von den Frauen sein wollte, die für ungewisse Zeit auf ihre Partner warten. Die im schlimmsten Fall gar für Jahrtausende einsam bleiben, weil sie die Treue für ihren Liebsten halten. Aber vielleicht konnte ich dich einfach nicht so sehr lieben, dass ich mich zum Warten durchringen konnte. Ich wollte meinen Partner immer an meiner Seite wissen. Mit ihm eine Familie gründen…“ Abermals bebte ihre Stimme leicht. Der Druide wusste nichts darauf zu sagen. Kein Wort könnte ihre Gefühle beschwichtigen. Sennya hatte sich entschieden, vor langer Zeit bereits.</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">„'''W'''ürdest du für ihn warten?“ Durchbrach er schlussendlich die neu aufgekommene Stille. Beide sahen aneinander vorbei, mieden den Augenkontakt. Lange zögerte die Kaldorei, bis sie eine Antwort gab. „Ja. Ja ich denke… bei Sylvir ist es anders. Es ist…“ *Sie schluckte, bevor sie das Wort über ihre Lippen brachte. „… richtig.“ Zum ersten Mal spürte der Druide einen schmerzenden Knoten in der Brust. Es fühlte sich beinahe so an, als würde sein Herz einen kurzen Aussetzer machen. Leise schabten seine Zähne übereinander, als auch er den Blick zum Boden senkte. „Dann stand unsere Partnerschaft nie im Schein von Elune.“ Ihr darauf folgendes Seufzen klang traurig, doch genauso befreiend. „Nein. Das war sie nicht.“ Der Nachtelf nickte einige Male, sodass seine Ohrspitzen auf und ab wippten. Es schien mehr wie eine Selbstbestätigung, als er sich wieder seinen Instrumenten zu wendete und jedes davon in einzelne Tücher einwickelte. „Mir war und ist dein Glück noch immer das wichtigste. Und wenn nicht ich dich glücklich machen kann, dann hoffe ich, dass Sylvir besser dazu fähig ist.“ Sennyas Blick traf seinen Rücken und flüchtig schlich ein aufbauendes Lächeln über ihre Lippen. „Danke. Für alles. Die Zeit mit dir war besonders. Ich würde sie um nichts eintauschen wollen.“ Bei seiner Tätigkeit innehaltend, schielte der Mann über die Schulter. „Ich auch nicht. Elunes Licht soll eure dunkle Zukunft erhellen.“ Zögerlich wagte sie kurz einen Schulterflügel des Mannes mit der Hand zu streifen, bevor sie mit den wenigen letzten Worten das Zelt verließ. „Und die deine.“ Bald verstummten ihre Schritte in der Ferne und der Druide verblieb schweigsam allein im Zelt. Es wurde gespenstisch still und während er seine Instrumente sorgsam in die Tücher und schlussendlich in ein großes einwickelte, stockte er irgendwann mitten in der Bewegung.</span>
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<span style="color: #274251; font-family: Georgia; font-size: 14px;">'''N'''och immer schmunzelte der Kaldorei aufgrund des Anblicks, der sich ihm vor wenigen Augenblicken bot. Das Herzblatt seines Thero’shan an einen anderen Bruder geschmiegt zu sehen ließ viele Spekulationen in ihm aufkommen. Die meisten davon sprachen nicht für die Dame. Nachdem ihm jemand Auskunft gab, wo er seinen Schüler finden könnte, machte er sich mit gezielten Schritte auf den Weg dorthin. Mutter Mond erleuchtete die Wüste in der Nacht. Die Kämpfe in der Ferne flauten ab, ebenso bettete sich das Lazarett in eine erschöpfte Ruhe. Da Weidenranke nicht in dem zugeteilten gemeinsamen Zelt zu finden war, wollte der Druide nach seinem Schüler sehen. Zu seinem Glück hatte er sich auch von seiner Stelle nicht fortbewegt. Als der Shan’do den Stoff vom Zelt zur Seite schob, um einen ersten Blick hinein zu werfen, hielt er sich mit dem folgenden Schritt augenblicklich zurück. Das Operationsgeschirr des Thero’shan lag grob fahrlässig auf dem Boden verteilt, während dieser mit zusammengesackten Schulter sich über der Wasserschale auf die Unterlage stemmte. Einen Moment lang ließ der Shan’do das Bild mit gekräuselten Lippen auf sich wirken, dann erhob er in gespielt höflicher Manier die Stimme. „Ihr solltet Eure Emotionen nicht an Eurem Werkzeug auslassen, Bruder.“ Wie ertappt fuhr Yeshar herum, als unerwartet neben ihm die Stimme seines Shan’dos ertönte. Sichtbare Tränenspuren liefen seine Wangen hinab und er öffnete den Mund, wurde jedoch von dem Druiden sogleich abgeschnitten. „Bitte. Ich lehrte Euch, euer Material stets zu pflegen. Die Sande in Silithus geben mehr als ausreichend Möglichkeiten, Euch anderweitig auszulassen.“ Er nickte gen den verteilten Instrumenten und setzt bereits wieder einen Fuß vor das Zelt. „Räumt das auf und macht nicht zu lange. Morgen wird wieder ein anstrengender Tag.“</span>
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Aktuelle Version vom 22. Dezember 2019, 23:13 Uhr

Yeshar Silberdorn Hintergrund Bilder

Disclaimer[]

Alle hier zusammengefassten Kurzgeschichten behandeln den Hintergrund des Charakters, bevor dieser in das aktive RP trat. Sie erzählen aus seiner Vergangenheit und sollen die Entwicklung seiner Persönlichkeit näher beleuchten. Die hier nieder geschriebenen Informationen sind Metawissen, sollte der Charakter InGame nicht davon erzählt haben. Daher bitte ich darauf Rücksicht zu nehmen und diese Informationen nicht in das RP einfließen zu lassen, sollte es nicht erspielt oder von mir bestätigt sein, dass der Charakter gewisse Informationen aufgrund einer längeren Bekanntschaft haben kann. Die Kurzgeschichten sind chronisch sortiert. Weitere werden der Timeline entsprechend hinzugefügt.


Kleiner Mondschein

Nass fühlte sich die Wange unter dem Daumen an, als sie sachte über den feinen Schnitt strich. Tränen vermischten sich mit den geringen Rinnsalen an Blut aus den vielen kleinen Wunden. Ein schluchzen ließ die Brust des Jungen erbeben und obwohl noch das Wasser aus seinen silbern glühenden Augen quoll, hatte er ein Lächeln auf den Lippen. Wie ein Geschenk streckte der Junge seiner Mutter den wiedergefundenen Armreif entgegen. Ein Reif geformt wie die Sichel ihrer Göttin. Bis zum Ellenbogen zeichneten viele blutige Kratzer und filigrane Einstichwunden seine kleinen, zitternden Hände. Die Elfe kniete vor ihm. Auf dem makellosen Antlitz breitete sich ein sanftes und Trost schenkendes Lächeln aus. Ihr Lächeln war alles, was sich der Junge wünschte. Es war wie die Sichel der großen Mutter, so schön und strahlend am dunklen Nachthimmel. Ein Anblick, der euphorisches Glück in dem Jungen auslöste und Schmetterlinge in seinem Bauch flattern ließ. Er liebte ihr Lächeln, und sie liebte das Seine.

Eine weitere Hand gesellte sich an das rundliche Gesicht mit den Pausbäckchen des kleinen Spitzohrs. Mit den Daumen strich sie über jeden Schnitt, die Tränen und das Blut fort. Sachte kratzten die langen Nägel über seine weiche Kinderhaut. „Mein kleiner Mondschein.“ Hauchend verließen die Worte ihre Lippen. Zauberhaft hallten sie in den Ohren und Gedanken des jungen Nachtelfen wieder, einer Symphonie gleichend. Sie klang nach Wärme, Frieden und Geborgenheit. Ihre langen und grazilen Finger fuhren ihm durch das Schulterlange und kobaltblaue Haar, ließen einzelne Strähnen zwischen Nägel und Fingern entlang gleiten. „Freust du dich, Mama?“ Stieß die kindliche Stimme stotternd und schluchzend hervor. Wie aus den Augen lief ihm auch das Wasser aus der Nase, über die bebenden Lippen auf denen er sich noch immer das Lächeln zwang. „Ja. Ja, mein Liebling.“ Ein silberner Schimmer folgte den streichelnden Bewegungen ihrer Daumen. Fahles Mondlicht schien aus den Verletzungen zu strahlen, ließ das Fleisch langsam verknüpfen. Kribbelnd kühl, angenehm und liebend fühlte sich die Magie unter der Haut des Jungen an. Mit der Wunde schwand auch langsam der Schmerz.

Zwischen ihren Lippen blitzten die Fänge und Zähne hervor, so silbern strahlend wie die Schönheit des Mondes. Bestimmend und doch sacht zog sie den kleinen Körper näher zu sich. Zögerlich bewegten sich die kurzen Beine vorwärts und stolperten in die Arme der Mutter. Mit liebender Wärme drückte sie ihre Lippen auf die Stirn ihres Sohnes. Ein weiterer Kuss folgte auf den blauen Schopf. Das Schluchzen wandelte sich in ein freudiges Glucksen. An den Händen spürte der kleine Nachtelf den seidenen Stoff ihres Gewandes, die zarte Haut an Schulter und Schlüsselbein. Ihre Wärme und Liebe ließ ihn den Schmerz der vielen kleinen Wunden vergessen. „Was machst du nur für Sachen, mein kleines Vögelchen.“ Ertönte es zwischenzeitlich lachend von der Frau, dabei den Reif entgegen nehmend. An ihrem Arm fand er wieder seinen Platz, dort wo er hingehörte.

Oh Yeshar! Was ist mit dir passiert?“ Die liebliche Stimme einer weiteren Schwester der Priesterschaft ließ den Jungen das Gesicht von der Brust seiner Mutter anheben. Der Kaldoreidamen begaben sich neben ihnen auf die Knie, den Jungen und seine Mutter sorgenvoll betrachtend. Zarte und auch schwielige Hände begannen ihm durch das Haar und über die Arme zu streichen. „Ich habe meinen Armreif bei der Tempelpflege wohl zwischen Dornengestrüpp verloren. Yeshar erinnerte sich daran und war tapfer genug, zwischen die Dornen zu krabbeln und mein Schmuckstück heraus zu holen.“ Ein entzücktes Seufzen wanderte durch die Runde der Damen. Ihre Hände streichelten über seinen Rücken, die abstehenden und viel zu groß wirkenden spitzen Ohren entlang. Ließen durch die Kraft ihrer Göttin einige der kleinen Schnitte an den Armen verheilen. Wie seine Mutter zuvor drückte eine der Priesterinnen ihm ebenfalls einen liebevollen Kuss auf die Wange. Die Tränen waren endgültig versiegt. Kichernd wie glucksend genoss er die ihm dargebrachte Liebe, bis er sich wieder an die Brust seiner Mutter kuschelte. „Geht vor, Schwestern. Wir gehen dich eben sauber machen.“ Ihre Arme um den schmalen Körper geschlungen, erhob sich die Priesterin. Die kleinen Hände gruben sich wie so oft in ihre Schultern, den Kopf an ihren Nacken schmiegend. Die restlichen Schwestern machten es der ihren gleich. „Ich komme gleich nach.“ Nahezu synchron nickten die angesprochenen Kaldorei. Die Priesterin wandte sich von ihren restlichen Schwestern ab, das Gewicht vom Sohn auf ihren Armen ein wenig verlagernd. Fließend glitt ihr Gewand den rhythmischen Bewegungen der Hüfte nach, als sie in Richtung des Tempels verschwanden.


Wächtereule

Der kleine Kaldorei musste den Arm zur Gänze ausstrecken, um die Hand seiner Mutter halten zu können. Zielgerichtet bewegten die beiden sich den Korridor entlang. Ihre Absätze hallten mit jedem Schritt in dem sonst gespenstisch stillen Gang wieder. Kaum mit tippelnden Schritten folgen könnend, mäßigte die Frau ihr Tempo zugunsten des Jungen. Zügig schien die Priesterin ihr Ziel erreichen zu wollen, blieb für ihn nicht mal die Zeit, einige Vögel auf der Balustrade beobachten zu dürfen. Immer wieder sah der kleine Kaldorei Hilfe suchend und unsicher zu seiner Mutter auf. Schleifte er zuvor noch seine Stoffpuppe von einer Wächtereule hinter sich her, wurde diese nun eng an den Körper gepresst und versuchte in dieser Trost und Mut zu finden. Manchmal bemerkte sie jedoch seinen sorgenvollen Blick und schenkte ihm das so sehr geliebte, warme Lächeln. Sie blickte in die großen und ängstlichen Augen eines Kindes, das noch rein gar nichts von dem alltäglichen Leben als Erwachsener verstand. Dass die Hetze nicht verstand, wenn man zu spät für ein wichtiges Treffen kam. Es war ja nicht mehr lang, dachte die Priesterin sich.

Sie bogen um eine letzte Ecke und kamen vor einer massiven Doppeltür zum Stehen. Ehrfürchtig sah der Junge zu der imposanten und mit verschlungenen Reliefs verzierten Tür auf. Von einer nahen Bank erhob sich eine junge Priesternovizin zur Pflichtbewussten Verneigung ihrer höher Gestellten und trat nach einem herüber winken auch näher. Seine Stoffpuppe weiterhin an den Leib drückend, unterbrach der Junge erst regelrecht eingeschüchtert den Sichtkontakt zur Tür, als sich das Antlitz seiner Mutter dazwischen drängte. Sie sank langsam zu ihrem Sohn herab, nicht nur um ihm auf Augenhöhe zu begegnen, sondern auch tröstlich durch Haar und über die Wange zu streichen.

Ist etwas Schlimmes, Mami?“ Fragte der kleine Kaldorei während er sein Gesicht mehr und mehr in der Stoffeule vergrub. Ihr heiteres Lächeln ergoss sich über das Herz des Jungen wie eine Welle, die einen Teil der unbegründeten Sorgen davon spülte. Ihre Worte und gesegnete Stimme bestärkten sein Vertraue weiterhin. „Nein, keine Sorge. Ich treffe mich nur mit ein paar Schwestern. Wir müssten etwas besprechen, weißt du?“ Ihre silbernen Augen wanderten hoch zu der jungen Priesternovizin nahe bei ihnen. „Ich kann dich leider nicht mitnehmen. Schwester Laubbriese wird dich aber zu anderen Kindern bringen, mit denen du spielen kannst.“ Mit der Unsicherheit eines eher schüchternen Kindes sah der Junge zu seiner Aufpasserin hinüber. Wohl versuchte sie ihm ihr ein Lächeln zu schenken, dass herzlicher und einladender nicht sein könnte, doch konnte er es nicht erwidern. „Warum darf ich nicht mit?“ Näher getreten suchte seine Hand den Saum ihres Kleides und umgriff ihn so fest, wie eine Kinderhand es vermochte. In den großen Augen lag eine flehende Bitte ausgesprochen als Frage. Die Priesterin wusste sie nur mit einem entschuldigenden Lächeln zu beantworten. „Weil wir da streng geheime Priestersachen besprechen. Und wenn du mitkommst könnte Grünschnabel uns noch ausspionieren.“ Mit spielerischem Gurren drückte sie den Schnabel des Stofftieres an die Wange ihres Jungen, bis das ausgelassene Kichern eines Kindes den Gang erfüllte. Sie stimmte nur leicht mit ein, denn ihn wieder glücklich zu sehen genügte ihr, um sich zu erheben und ihr Kleid glatt zu streichen. „Sei nicht zu schüchtern und schön nett zu den anderen Kindern, mein Liebling.“ Mit großen Schritte überwand sie die restlichen Meter zu der Tür, bevor der Junge auch nur realisierte, dass sie tatsächlich dorthin verschwand. Die beiden Hälften aufgedrückt trat die Priesterin herrschaftlich ein, als ihr junger Sohn versuchte hinterher zu stolpern und die Kaldorei sich doch dazu verpflichtet sah, einige letzte und beschwichtigende Worte an den Jungen zu richten. „Es wird nicht lange dauern, Yeshar. Und du wirst nicht alleine sein. Schwester Laubbriese ist bei dir und die anderen Kinder auch. Sie ist ganz freundlich und du wirst ihr alles anvertrauen können.“ Behutsam, aber bestimmend drückte sie den Kaldorei von der Tür zurück. „Wir sehen uns gleich wieder.“ Nach diesen Worten fielen die beiden Türen auch ins Schloss und die Mutter war dahinter verschwunden.

Obwohl der Junge sich mit seinem gesamten Körpergewicht einmal gegen die beiden Türen stemmte, vermochte er diese nicht zu öffnen und so stand er vor diesem unüberwindbaren Hindernis, das gerade seine Mutter verschluckt hatte. So verloren wie ein Rehkitz allein im großen Wald. Vorsichtig näherte sich die angesprochene Priesternovizin dem Jungen und begab sich neben diesem in die Hocke. „Hallo Yeshar. Ich bin Schwester Laubbriese. Wenn du möchtest bringe ich dich zu den anderen. Sie spielen draußen im Tempelgarten.“ Zögerlich sah er zu der netten Novizin. Eine Hälfte seines Gesichts verschwand im Stoff seiner Eule, während er die Kaldorei mit einem glasigen Auge traurig ansah. Mitgefühl schlich sich auf ihre weichen Züge, das Lächeln vertiefte sich dadurch. Verunsichert und schüchtern beäugte der Junge ihre Hand, als sie ihm die einladend entgegen streckte. „Wenn du mit den anderen spielst geht die Zeit viel schneller rum. Ich bin ganz nett und die anderen Kinder sind es auch. Wir passen hier auf jeden auf, wie eine Säblerkatze auf ihre Jungen.“ Ein ganzer Moment verstrich und tapfer hielt der kleine Nachtelf die Tränen zurück, als er schlussendlich nach der Hand griff und lediglich ein Schniefen hervor brachte. Doch auch das wurde zum Großteil von seinem Stofftier verschluckt.

Bis hoch in den Himmel war das Lachen und verspielte Kreischen der Kinder in den Tempelgärten zu hören. Sie tobten ungezügelt über die grüne Wiese und durch das herabgefallene Laub. Fingen einander, oder wurden beim Verstecken so leise wie kleine Mäuschen. Zwei Kaldoreidamen hielten dabei ihre wachsamen Augen auf die Schützlinge, ruhten auf einer der Tempelbänke in der Nähe oder beteiligten sich an verschiedenen Versteck- und Fangspielen. Unter die Kinder hatte sich auch Yeshar gemischt. Mittlerweile lachte und jauchzte der Junge, als würde er jedes der Kinder seit langer Zeit kennen. Anfangs zierte sich der schüchterne Nachtelf noch, doch die Offenheit seiner Spielkameraden bewirkte Wunder ihn aus der Deckung zu locken. Wie von der Priesterin vorhergesagt verflog die Zeit. Kaum eines der Kinder merkte, dass die untergehende Sonne das Licht in warme Töne tauchte und dem geliebten Mond am Nachthimmel Platz machte. Die Laternen schimmerten magisch auf als die Priesterinnen die Räumlichkeiten nach der Besprechung verließen. Selbst unter Tausenden Stimmen und trotz jeder Ablenkung würde Yeshar stets die seiner Mutter heraus hören. So auch dieses Mal. Die Worte mochten auf der Entfernung noch ein Flüstern sein, aber er horchte auf und sah sich suchend um. Am Rande der Wiese entdeckte er die Priesterin, begleitet von einer Schwester und ihrem treuen Säbler Rionn. Beinahe schneller als die kurzen Beine den Jungen tragen könnten sprintete er in Richtung der vermissten Mutter.

Wenn diese aufgeblasene Wächterin was zu melden haben will, hätte sie den Weg einer Mondpriesterin gehen sollen!“ Zeterte die Frau gegenüber der anderen Schwester, welche mit kuriosem Interesse und wohl auch etwas Amüsement den Kopf seitlich legte. „Einfach dreist, was sie mittlerweile glauben sich herausnehmen zu dürfen. Solange eine Priesterin an der Spitze steht, hat sie das Kommando über unsere Schildwachen. Diese alte Furie soll mir nochmal Befehle husten…“ Noch mochte der Junge den Sinn hinter den Worten nicht verstehen, den Klang ihrer Stimme allerdings schon. Allerdings war die Freude vom Wiedersehen seiner Mutter zu groß, um sich davon irritieren zu lassen. Die Kaldorei musste auch nur ihren Blick auf den anlaufenden Jungen richten, damit sich wieder ein Lächeln auf ihren Gesichtszügen ausbreitete. Ein leises Grollen entkam dem Säbler beim Anblick des anlaufenden Jungen. Seine Ohren legten sich mit jedem näher kommenden Schritt weiter zurück, bis die Frau seinen massiven Kopf sachte tätschelte und kraulte. Mit überschwänglicher Freude fiel der Junge seiner Mutter an das Bein, presste sich daran als wäre ihr letzter gemeinsamer Tag. Wie dem Säbler zuvor über das Haupt, fuhr ihre mit Ringen geschmückte Hand liebevoll durch das blaue Haar des Sohnes.

Siehst du? Hat doch gar nicht so lange gedauert.“ Raunte sie unter einem fürsorglichen Lächeln zu dem Kaldorei. „Ich hoffe du hattest in der Zeit viel Spaß mit den anderen.“ Ein eifriges Nicken vom Jungen sollte der Dame Antwort genug sein und mit seinem Lächeln vertiefte sich ihr eigenes. Sehnsüchtig schmiegte er sich einen langen Moment an ihr Bein. Die Damen führten derweil ihr Gespräch fort. Yeshar verstand ohnehin nichts davon, so lag seine Aufmerksamkeit auf den Worten seiner Mutter, sondern auf ihrer Wärme und reinen Anwesenheit. Irgendwann entschied er sich wieder Abstand einzunehmen und den Säbler neben der Priesterin als Ziel seines Kuschelbedürfnisses auszuwählen. Leise grollte die Raubkatze, als der Junge etwas unbeholfen die Arme um den viel zu großen Kopf schlang und sein Gesicht in das weiche Fell vergrub. Die Krallen seiner Vorderläufe zeigten sich und versanken im Grund. Passend dazu peitschte der Schwanz wild in die Luft. Doch trotz seiner Anspannung ließ die Rionn die Welle an Zuneigung über sich ergehen, widerwillig. „Wir sprechen morgen weiter. Lasst es mich aber wissen, wenn die Wächterin zur Tat schreitet.“ Schienen die abschließenden Worte an die Schwester zu sein, woraufhin sich beide kurz voreinander verneigten. Während die eine in Richtung Räumlichkeiten der Tempelanlage davon zog, gesellte sich Novizin Laubbriese mit dem Stofftier des Jungen im Arm zu ihnen. Bei dem Anblick seiner Wächtereule ließ er zur Erleichterung des Säblers endlich von diesem ab und nahm sein Stofftier mit ausgebreiteten Armen entgegen. Er drückte es kaum fest umschlungen an sich, da griff seine Mutter dem jungen Kaldorei auch unter die Arme und hob ihn auf den Rücken des Säblers. Missmutig murrte der Kater bei dem Gewicht auf seinem Rücken und schabte mit den Vorderpfoten über den Boden. Kaum spürte der Junge das Fell des Säblers unter sich, beugte er sich vor und legte sich regelrecht auf den Rücken des massiven Wesens ab. Mit einem glückseligen Lächeln auf den Lippen kuschelte er sich nicht nur an sein Stofftier, sondern auch in den weichen Untergrund. Die Priesterin bedankte und verabschiedete sich, der Junge winkte der freundlichen Novizin noch. Dann brachen sie auf in Richtung der eigenen Heimat.


Blut im Sand

Heftig zerrten die Winde am Haar des Druiden, als sie den Höhepunkt der Gebirgskette erreichten. Die ersten mitgetragenen Sandkörner streiften rau an der Haut entlang. Flüche kamen über die Lippen des Kaldorei, die jedoch zur Gänze von dem lauten Rauschen um seinen Ohren verschluckt wurden. Er hätte sich vollständig vermummen sollen, ging es ihm dabei nur durch den Kopf und blinzelte die Sandkörner aus den Augen. Wenn nicht der Wind die mittlerweile zu schmalen Schlitzen verengten Sehorgane zum Tränen brachte, dann bald die ersten Sandwolken in der Luft. Wenigstens hatte er an einen Zopf gedacht. Yeshar wusste genau, warum er es bevorzugte selbst zu fliegen. Doch mahnte sein Shan’do ihn, die Kräfte zu sparen. Er würde sie im Lazarett brauchen. Ein leichter Anflug von Nervosität breitete sich bei dem Gedanken an besagten Ort in ihm aus. Der Mann kannte keine Kriegsgebiete, geschweige den Anblick der Nachwirkungen eines solchen. Silithus wäre wie eine Feuerprobe für den Thero’shan. Glück im Unglück für ihn war ihre Ankunft verspätet. Berichten zufolge schien die Schlacht geschlagen. Ahn’qiraj wurde mithilfe von Drachenmagie versiegelt, sodass die Verstärkung der mächtigsten Qiraji versiegte. Nun herrschten noch kleine Scharmützel, um die letzten Streitkräfte auszuschalten und die Sande des Landes zu sichern. Aufgrund vieler Verletzter wurde weitere Unterstützung durch fähige Heiler bei der Versorgung angefordert. Doch auch ohne eine klare Anweisung vom Zirkel wären wohl Yeshar und sein Shan’do in Richtung der ewigen Sande gereist. Persönliche Sorgen belasteten sie und Gewissheit über den Verbleib geliebter Personen hätte sie nach Silithus getrieben. Ihre Fähigkeiten waren da nur ein Vorwand.

Dank dem Geleitschutz durch Schildwachen konnte sich der Druide beim durch fliegen einer Sandwolke zusammen gekniffene Augen leisten. Sie hielten den Hippogryphenflug in Formation, ein abdriften blieb daher ausgeschlossen. Der langsame Verlust an Höhe, nachdem sie die Gebirgskette hinter sich ließen, ließ sie vermehrt durch dichte und Sicht blockierende Sand- und Staubwolken fliegen. Erst als der Druide keinen der peitschenden Sandkörner auf seiner Gesichtshaut spürte, wagte er wieder die Augen zu öffnen. Es bot sich ein Anblick, der ihm jede Sprache verschlug und schwer schlucken ließ. Aus der Luft erschienen die zerlegten Giganten der Qiraji nach wie vor massiv und unwirklich. Zwischen ihnen fand sich gar ein entstellter und eindeutig lebloser Bronzedrache. Yeshar wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie nur die Hilfe der Drachenaspekte die Qiraji in ihrem eigenen Tempel einsperren konnten. Der Sand war Flächenweise von getrocknetem Blut getränkt und gar der Wind vermochte diesen nicht davon zu tragen. So viele Insektoiden prallten noch in Schwärmen auf Verteidiger in äußeren Positionen oder dominierten die Luft über ihnen. Allerdings zeichnete sich auch ab, dass die Nachtelfen die Silithiden langsam zurück drängten. Und in der Ferne ragten zwischen niedrig schwebenden Staubwolken die Umrisse ihrer Tempelstätte empor. Eindrucksvoll wie furchteinflößend. Die Gefahr war nur eine Mauer entfernt, dachte sich der Nachtelf. Was wenn das Siegel bricht? Und die Insektoiden erneut über die Land schwärmten? Diese Fragen würden erst in fast tausend Jahren von Relevanz sein.

Wenn auch der Anblick nur für einen Moment galt, da sie schon bald durch weitere Sandwolken flogen, so würde er sich noch für lange Zeit in das Gedächtnis des Thero’shan einbrennen. Die Schildwachen navigierten die Druiden durch eine gesicherte Flugzone, sodass sie keinen Angriff durch fliegende Silithiden zu befürchten hatten. Endlos lang kam Yeshar der Landeanflug vor, bis sein Hippogryph endlich wieder festen Boden untern Hufen und Klauen verzeichnete und der Kaldorei von dem Tier absitzen konnte. Er strich dem Wesen dankend durch das Gefieder und machte sich daran, den Sand aus den zurückgebundenen Haaren und der Kleidung zu schütteln. Auch hier war es sein Glück, dass der Bart bisher nicht über die Stoppeln hinaus ging und sich keines der kratzigen Körner darin verfangen konnte. Shan’do Traumklaue machte es dem Thero’shan ähnlich, wenn auch entschieden grober. „Verschwendet nicht zu viel Zeit darauf, Euch den Sand vom Körper zu klopfen. Hier könnte es zu einer Tagesbeschäftigung werden.“ Riet der Heiler seinem Schüler mit üblicher Kühle in der Stimme und spreizte knarzend die holzigen Klauen an seinem rechten Arm, ehe dieser unter dem weißen Fellüberwurf verschwand. Sie lösten noch die Taschen von den Sätteln und ließen sich dann zu dem Lazarett führen. Auf einer weiten Gesteinsfläche überdeckt mit einer dünnen Schicht Sand wurde eine Anzahl von diversen Zelten aufgebaut. Verschiedene Kaldorei, einfache Kräuterkundige wie Druiden und Priesterinnen eilten von Zelt zu Zelt. Der Platz wurde erfüllt von stöhnen, schreien und wimmern der Verletzten, darunter die Rufe einzelner Helfer. Die Geräuschkulisse glich einer Kakophonie, aus der kein klares Wort vernehmbar schien.

Leid in dem Ausmaß kannte Yeshar nicht. Es verlangte viel von ihm ab, sich nicht die Ohren zuzuhalten und all dies einfach auszusperren. Er musste sich zusammenreißen. Die Brüder und Schwester verließen sich hier auf seine Unterstützung. Wenn auch der Mann nicht im Geringsten wusste, wo er überhaupt anfangen sollte. Es schien ihm beinahe so, als würde er überall gleichermaßen gebraucht werden. So stand er da, lauschte den Erklärungen der herbei geeilten Priesterin und fühlte sich irgendwie… hilflos. Sein Shan’do wusste dem Druiden allerdings klare Anweisungen zu geben. Er mochte noch nicht lange in der Ausbildung sein, aber sein bisheriger Wissensstand reichte bei diversen Verletzungen aus. Um die sollte er sich kümmern. Eigenständige Behandlungen durchführen und nach Möglichkeit auf den Einsatz von Magie verzichten. Sie konnten hier auf keine Ressourcen zurückgreifen, außer der eigenen Lebensenergie. Traumklaue widmete sich den schweren Fällen und suchte nach seinem Gefährten. Die Priesterin wusste ihm keine Auskunft zu geben, wies ihn aber an andere Druiden der Klaue weiter. Hier trennten sie sich vorerst. Auch in Yeshars Interesse lag es jemanden unter all den vielen Kämpfern zu finden. Bei den Lauten der Verletzten, dem Anblick der toten Qiraji und vielen weiteren Gefallenen aus den eigenen Reihen hatte sich bereits ein dicker Kloß in seinem Hals gebildet. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass seine Gefährtin überlebt hatte? Er könnte nur zwei Nachrichten erwarten. Doch wie bei seinem Shan’do zuvor konnte die Priesterin nichts zu der Frau sagen. Jedoch könnte es eine der Kommandantinnen.

Auf Umwegen schaffte der Druide eine der Kommandantinnen der Schildwachen anzutreffen. Seine erste Pflicht war die Versorgung von Wunden und dieser widmete er sich, bis sich erste Flecken von Körperflüssigkeiten auf seiner Robe abzeichneten. Vielleicht war es zu seiner Gunst, dass er den Schnitt an der Wade einer Kommandantin nähte. „Kennt Ihr Schwester Sennya Fuchslaub? Sie hat sich als eine der Schildwachen an den Kämpfen hier in Silithus beteiligt.“ Zwischen zwei Stichen sah der Mann hoffnungsvoll zu der Kommandantin. Von den Beruhigungsmitteln im Geiste unklar, strengte sich die Frau wohl an eine Erinnerung zu dem Namen abzurufen. „Ich kenne die Schwester, ja. Aber sie ist nicht in meiner Einheit und ich weiß auch nicht, ob sie es geschafft hat.“ Nickend deutete sie zu einer Kaldorei am anderen Ende des Zeltes. „Sie untersteht Schwester Wolkentänzer. Fragt sie.“ Die Trockenheit in seinem Rachen erschwerte dem Mann das Schlucken, als er mit dem Blick der Geste folgte. Bevor er sich wieder der Naht widmete, schenkte er der Frau ein gequältes Lächeln. „Danke. Werde ich.“ Er kam seiner Pflicht nach bestem Gewissen nach. Erst dann wagte er das Gespräch mit der genannten Kommandantin zu suchen. „Schwester Fuchslaub? Ich kann Euch beruhigen, denn sie lebt. Ihr geht es sogar deutlich besser, als vielen anderen hier.“ Mit der Erleichterung auf seinen angespannten Zügen kam auch der Kaldorei ein Lächeln über die Lippen. Der Knoten in seinem Magen konnte sich endlich lösen. Die schlimmsten Befürchtungen kamen dem Druiden bereits, als er von der Vielzahl an Gefallenen hörte. „Wisst Ihr auch wo ich sie finde?“ Harkte er mit neuer Hoffnung nach. Allerdings wusste sie in der Frage nur geringfügig weiterzuhelfen. „Ich weiß es nicht genau. Zuletzt sah ich sie einen verletzten Verteidiger vom Zirkel begleiten. Ich glaube sie brachten ihn in eines der Zelte im Norden des Platzes.“ Der Mann nickte eifrig und neigte aus Dank sein Haupt tief vor der Kommandantin. „Habt vielen Dank, Schwester.“ Wenn auch der genaue Ort unbekannt blieb, hatte der Mann nun Gewissheit und eine konkrete Richtung seine Liebste zu finden.

Auf direktem Weg gelangte Yeshar nicht zu seiner Gefährtin. Seine Fähigkeiten als angehender Heiler wurden noch mehrfach erlangt. Zumal ihm die Information fehlte, in welchem Zelt sich seine Partnerin aufhielt. So legte sich bald schon die kühle der Nacht über die Wüste von Silithus, als der Mann endlich den entscheidenden Hinweis erhielt, wo er Sennya finden würde. Voller Erwartung streifte er also den Stoff vom Zelt beiseite und ließ seinen Blick durch das Zelt streifen. Jeder Platz war belegt. Die Lautstärke setzte sich aus Gemurmel und Gewimmer zusammen, hielt sich aber in Maßen. An verschiedenen violetten Haarschöpfen blieb der Mann erst hängen, die aber nicht zu seiner Geliebten gehörten. Nachdem er einige Schritte durch die Reihen ging machte er sie mit den goldenen Augen ausfindig, und erstarrte. Äußerlich sah er ihr den Krieg an. Die Haare zerzaust, an den wenigen freien Hautstellen sah er entweder Blutergüsse oder den Sand kleben. Doch war es nicht ihr Anblick, der den Druiden stocken ließ. Es war das Gesamtbild. Sie kniete über einem anderen daliegenden Elfen gebeugt. Sein rechtes Bein wurde geschient, wobei der noch frisch aussehende Verband sich mit dem Blut ausgiebig tränkte. Beide schmiegten ihre Köpfe aneinander, drückten gegenseitig die Hände oder strichen sich liebevoll durch Haar und über das Gesicht. Gar Küsse wurden ausgetauscht.

Sie hat nie von einem Bruder erzählt, dachte sich Yeshar. Weil sie keinen hat, flüsterte ihm eine andere Stimme in seinem Kopf. Dieser Anblick ließ in ihm eine unangenehme Leere zurück, gedanklich wie körperlich. Er sollte wütend sein, zornig. Auf Sennya zugehen und sie zur Rede stellen. Doch der Mann fühlte nichts, nur Hilflosigkeit. Ein Kratzen breitete sich in seinem Rachen aus, die Zunge fühlte sich mit einem Mal rau und irgendwie geschwollen an. Eigentlich wollte Yeshar umdrehen und alles was er sah schlicht vergessen. Seine Füße setzten den Druiden auch wieder in Bewegung, allerdings in die entgegengesetzt Richtung. Genau wusste der Kaldorei nicht, wie ihn seine Beine neben die beiden trugen. Einen Moment später konnte er sich an die Bewegung nicht mal mehr erinnern. Doch welches sich in sein Gedächtnis einbrannte war ihr panisch erschrockener Blick, als sie endlich von dem neuen Geliebten zu dem Druiden aufsah. „Yesh-, Bruder Weidenranke!“ Stieß sie mit einem Schock und überspielter Erleichterung hervor. Yeshar antwortete nicht. Sein Antlitz blieb so blank und frei von jeden Emotionen wie eine Statue. Die goldenen Iriden musterten weiterhin das Bild vor sich. Zu seinem Erstaunen schien der Fremde überrascht von dem plötzlichen Ausbruch seiner Begleitung. „Ihr kennt Euch? Ich habe Euch nicht zwischen den Verteidigern gesehen.“ Mit ehrlicher Verwunderung wechselte der Blick zwischen den beiden. Sennya versuchte ihre Nervosität runter zu spielen, doch dafür kannte der Druide sie bereits zu lange. Flehend sah sie zu dem Kaldorei auf. Sie sprach die Worte nicht aus, doch konnte er ihre Entschuldigung so von den Gesichtszügen ablesen. Für sie beide musste es wie die unangenehmste Ewigkeit vorkommen. Eine unfassbare Anspannung lag in der Luft, greif- und spürbar. Der Verteidiger blieb aber ahnungslos. Er wusste es nicht. Genauso wie Yeshar nichts wusste. Bis jetzt.

„… Ja.“ Bricht der Druide schlussendlich das Schweigen. Für ihn versteifte sich Sennya sichtbar. Einen Moment ließ er einen eindringlichen Blick auf der Frau ruhen, dann sah er zu dem Verteidiger und sprach, als er sich langsam neben diesem kniete: „Wir sind alte Bekannte. Ich bin Heiler und vor wenigen Stunden erst zur Unterstützung eingetroffen. Braucht Ihr weitere Hilfe mit Eurer Beinverletzung? Habt Ihr noch andere Verletzungen oder Schmerzen zu beklagen?“ Diese Worte sorgten dafür, dass in beiden etwas starb. Von Sennya fiel jegliche Anspannung ab, Erleichterung erblühte und wich gleich wieder einer Spur von Trauer, in welcher sie die Hand ihres neuen Gefährten mit einem bestärkenden Lächeln fester drückte. Dem Druiden erging es nicht anders, doch versteckte er den emotionalen Schmerz hinter einer kalten und professionellen Maske. Er war nicht für irgendein Liebesdrama hier, sondern um den Verletzten zu helfen. Das schloss auch den neuen Gefährten seiner nun ehemaligen Geliebten ein. „Eine Priesterin gab mir vorübergehend etwas, damit ich nicht an der Wunde verblute und hat sie verbunden. Aber wegen einem schwereren Fall musste sie weiter.“ Bei der Erklärung lehnte sich der Mann wieder erschöpft seine Matte zurück. Yeshar nickte und machte sich daran, alle benötigten Mittel und Utensilien bereit zu legen. „Ich werde es mir ansehen und die Wunde behandeln. Wenn die Schmerzen zu stark werden scheut Euch nicht davor um Mittel dagegen zu bitten.“ Ein dankbares Lächeln zeichnete sich bei dem Nicken auf den Zügen des Verteidigers ab. „Danke…“ Hauchte nun auch Sennya demütig und wagte mit ihrem Blick den des Druiden zu suchen. Stolz erwiderte der Kaldorei ihn, während seine Hände flink und schnell den Verband vom Bein lösten. „Nicht dafür.“ Kam lediglich als kühler Respons.

Sorgfältig reinigte der Mann im glasklaren Wasser das Geschirr vom Blut. Ein kleiner Tropfen aus den Mondbrunnen genügte, sodass es desinfizierte und ihm gar während des Waschens neue Kraft schenkte. Mitsamt den genutzten Utensilien säuberte er auch gleich die verschmierten Hände. Konzentrierte auf diese Tätigkeit schien der Mann gar kleinlich in dieser Ausführung. Rieb sich mehrere Male über dieselben Stellen, obwohl kein Blut mehr zu sehen war. Auf leisen und federleichten Sohlen näherte sich Sennya, vorsichtige und beinahe zurückhaltend. „Yeshar?“ Beim Klang ihrer Stimme wandte dieser seinen Blick und vermittelte so seine ungeteilte Aufmerksamkeit. „Ich möchte dir nochmal danken. Für alles.“ Sie schluckte mit einem gepressten Lächeln auf den Lippen. Für einen langatmigen Augenblick starrte er die Kaldorei vor sich schweigend an, musternd und urteilend. Dann widmete er sich wieder ausgiebiger seiner Reinigung. „Ein Lazarett ist der denkbar schlechteste Ort, um eine Szene zu schieben.“ „Du warst auch nie der Typ für sowas!“ Ein nervöses Lachen folgte von ihrer Seite, doch erstarb es so schnell wie es kam, als sich nicht einige anteilnehmende Regung auf seinem Antlitz zeigte. Einige Minuten in die Vergangenheit versetzt breitete sich wieder das unangenehme Schweigen auf, das ausschließlich von dem plätschernden Wasser gestört wurde. Ihre Augen fuhren über alles in der Umgebung, das sich neben dem Kaldorei finden konnte, während er nahezu versessen in das Becken und auf seine Hände starrte. „Er wusste auch nichts.“ Sprach er schlussendlich den Kodo im Raum an. Tief musste die Schildwache einatmen, um das eine Wort mit ausreichend Atem zu erfüllen, und doch war es nur ein schwaches und erschöpftes hauchen. „Nein.“ Seine goldenen Augen suchten wieder die Frau. Etwas Strafendes lag in ihnen. „Du warst zu uns beiden unehrlich.“ Ihre Unterlippe begann leicht zu beben. Mittlerweile nahm der Druide die Hände aus dem Wasser und schüttelte schwere Tropfen von ihnen ab. „Ja.“ Ihre zittrige Stimme war nun mehr ein Flüsterton. Um ihm entgegen zu kommen griff sie nach einem Tuch in der Nähe und reichte es dem Mann. „Es tut mir Leid.“ Ohne jedes zögern nahm er das Tuch an, verblieb dabei weiterhin kühl und distanziert. „Mir auch.“

Nach seinen Händen nutzte er das Leinentuch, um auch die Werkzeuge sorgsam zu trocknen. „Ist er der Grund, warum du dich dem Krieg gegen die Silithiden angeschlossen hast?“ Fragte er nach einem weiteren, peinlichen Schweigemoment ohne jegliche Wertung in der Stimme. Sie lehnte sich mit der Hüfte sachte an die Unterlage hinter sich und schlang die Arme um den Körper. „In meiner Einheit erhielten wir die Berichte von den ständigen Verlusten im Süden Kalimdors. Als wir dann unsere Streitkräfte neu sammelten, wurde er eingezogen. Ich wollte und konnte ihn nicht allein ziehen lassen.“ „Ich verstehe.“ Hielt sich der Mann weiterhin kurz und bündig. Seine knappe wie kalte Antwort entlockte der Kaldorei ein Seufzen und mit einer nervösen Geste strich sie sich einzelne Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Ich wollte dir alles sagen. Noch bevor ich diesen Schritt mit Sylvir ging. Aber-„ „Aber Liebe kann man schlecht terminieren, insbesondere wenn man gar ein gemeinsames Bad nimmt.“ Fiel er ihr mit scharfer Zunge und bitteren Ausdrücken ins Wort. Yeshar griff sich seine Instrumente und legte das Leinentuch auf der Unterlage ab. Aus dem Augenwinkel bemerkte er noch den Wandel der Mimik auf Sennyas Gesicht. Eine kleine Stressader bildete sich auf ihrer Schläfe, als sie die Lippen aufeinander presste und die Augen schloss. Der Druide wandte sich ab, schloss die Distanz zu einem weiteren Tisch und begann die einzelnen Utensilien nebeneinander auf ein anderes Tuch zu legen. „Aber du warst nie da.“


In ihrer Stimme lag nun mehr Selbstbewusstsein. Ihn ließ es in seiner Tätigkeit stocken und einen Blick über die Schulter werfen. „Bitte?“ „Du warst NIE da!“ Wiederholte die Frau mit deutlichem Nachdruck, stieß sich mit der Hüfte ab und schloss die wenigen Schritte zu dem Mann. Mit neuem Stolz sah sie zu dem Mann auf. „Wie sollte ich dir von Sylvir erzählen, wenn du in den letzten 300 Jahren nicht einen Fuß in die Heimat gesetzt hast? Wenn du nicht in Val’shara warst, dann bist du mit deinem Shan’do gereist!“ Emotionen in Form von wütenden Falten zeichneten sich erstmalig auf der Stirn des Druiden ab. „Meine Ausbildung lässt mir nicht viel persönlichen Freiraum, das weißt du. Du hättest wenigstens eine Nachricht für ein wichtiges Treffen schreiben können!“ Langsam wurde die Frau aufbrausender. „Ich habe dir geschrieben! Ich habe dir ständig geschrieben, dass ich dich sehen möchte. Ob du die Heimat besuchen kommst, oder ob ich nach Val’shara kommen soll. Aber du hast mich mit jeder Antwort immer nur vertröstet! Entweder hat dich dein Shan’do raus in die Welt gezerrt, oder du warst zu beschäftigt in Val’shara! In jedem Brief habe ich dir geschrieben, wie sehr ich dich vermisse und dich sehen möchte! Aber du hast du immer nur von Geduld geschrieben! Erst als ich dir verkündete mich dem Krieg gegen die Qiraj anzuschließen sahst du endlich die Notwendigkeit, zum ersten Mal mich zu besuchen. Hätte ich dir etwa in einem der vielen Briefe schreiben sollen, dass ich in Sylvir eine neue Liebe gefunden habe?“ Zwischen den einzelnen Worten nahm die Frau nur kurze Atemzüge, wurde tendenziell lauter und aufgebrachter. Lange schien sie den Frust über die Partnerschaft in sich aufgebaut zu haben. Nun hatte Sennya die Gelegenheit dem Luft zu machen. Obwohl Yeshar deutlich ruhiger und gefasster verblieb, war auch ihm der Ärger über die Gesamtsituation anzusehen und vor allem auch aus seinen Worten zu hören. „Wir wussten beide, was der Beginn meiner Ausbildung bedeuten würde. Und auch wenn wir erst stritten, hast du der Sache zugestimmt und wolltest mich unterstützen. Glaube mir, wenn sich die Gelegenheit für einen Besuch ergeben hätte, dann wäre ich regelmäßig bei dir gewesen. Doch 300 Jahre sind kurz, wenn man durchgängig beschäftigt ist.“ Ein tiefer Atemzug folgte. Bei seinen kommenden Worten sah der Mann instinktiv zur Seite. „Ich habe mir keine andere gesucht, falls du das dachtest. Ich blieb treu.“

Die Hitze ihrer Wut kühlte etwas herunter und Traurigkeit trat in den Vordergrund. Ihre silbernen Augen bekamen durch aufkommenden Tränen einen neuen Schimmer. „Das Versprechen hast du nicht gebrochen. Dafür ich…“ Ärger machte der Verwunderung auf seinem Antlitz Platz und er schrägte leicht den Kopf an. „Ich… hätte mich dir mehr widmen sollen. Doch ging ich nie für lange Zeit in den Traum.“ Sennya reckte das Kinn und schluckte tapfer die Tränen fort. Am Ende war sie eine Schildwache, die sich von ihren Emotionen nicht vollends überwältigen ließ. „Du hast es früher nicht verstanden und du verstehst es auch heute nicht. Als ich dir sagte, dass du mich für den Traum nicht verlassen sollst, ging es mir nie um den Traum. Du solltest nicht an Orte gehen, an denen ich dir nicht folgen kann.“ Wieder fanden die Arme um ihren Körper und schlangen sich darum. Betroffen wanderte ihr Blick zu Boden und obwohl in dem Druiden das erste Bedürfnis aufkam, die Frau in den Arm zu nehmen, hemmte ihn etwas daran. Vielleicht war die plötzlich abweisende Ausstrahlung ihrerseits. Oder weil er wusste, dass nicht er Trost zu schenken vermochte. Dafür konnte sie nun einen anderen aufsuchen. „Du weißt, dass ich nie eine von den Frauen sein wollte, die für ungewisse Zeit auf ihre Partner warten. Die im schlimmsten Fall gar für Jahrtausende einsam bleiben, weil sie die Treue für ihren Liebsten halten. Aber vielleicht konnte ich dich einfach nicht so sehr lieben, dass ich mich zum Warten durchringen konnte. Ich wollte meinen Partner immer an meiner Seite wissen. Mit ihm eine Familie gründen…“ Abermals bebte ihre Stimme leicht. Der Druide wusste nichts darauf zu sagen. Kein Wort könnte ihre Gefühle beschwichtigen. Sennya hatte sich entschieden, vor langer Zeit bereits.

Würdest du für ihn warten?“ Durchbrach er schlussendlich die neu aufgekommene Stille. Beide sahen aneinander vorbei, mieden den Augenkontakt. Lange zögerte die Kaldorei, bis sie eine Antwort gab. „Ja. Ja ich denke… bei Sylvir ist es anders. Es ist…“ *Sie schluckte, bevor sie das Wort über ihre Lippen brachte. „… richtig.“ Zum ersten Mal spürte der Druide einen schmerzenden Knoten in der Brust. Es fühlte sich beinahe so an, als würde sein Herz einen kurzen Aussetzer machen. Leise schabten seine Zähne übereinander, als auch er den Blick zum Boden senkte. „Dann stand unsere Partnerschaft nie im Schein von Elune.“ Ihr darauf folgendes Seufzen klang traurig, doch genauso befreiend. „Nein. Das war sie nicht.“ Der Nachtelf nickte einige Male, sodass seine Ohrspitzen auf und ab wippten. Es schien mehr wie eine Selbstbestätigung, als er sich wieder seinen Instrumenten zu wendete und jedes davon in einzelne Tücher einwickelte. „Mir war und ist dein Glück noch immer das wichtigste. Und wenn nicht ich dich glücklich machen kann, dann hoffe ich, dass Sylvir besser dazu fähig ist.“ Sennyas Blick traf seinen Rücken und flüchtig schlich ein aufbauendes Lächeln über ihre Lippen. „Danke. Für alles. Die Zeit mit dir war besonders. Ich würde sie um nichts eintauschen wollen.“ Bei seiner Tätigkeit innehaltend, schielte der Mann über die Schulter. „Ich auch nicht. Elunes Licht soll eure dunkle Zukunft erhellen.“ Zögerlich wagte sie kurz einen Schulterflügel des Mannes mit der Hand zu streifen, bevor sie mit den wenigen letzten Worten das Zelt verließ. „Und die deine.“ Bald verstummten ihre Schritte in der Ferne und der Druide verblieb schweigsam allein im Zelt. Es wurde gespenstisch still und während er seine Instrumente sorgsam in die Tücher und schlussendlich in ein großes einwickelte, stockte er irgendwann mitten in der Bewegung.

Noch immer schmunzelte der Kaldorei aufgrund des Anblicks, der sich ihm vor wenigen Augenblicken bot. Das Herzblatt seines Thero’shan an einen anderen Bruder geschmiegt zu sehen ließ viele Spekulationen in ihm aufkommen. Die meisten davon sprachen nicht für die Dame. Nachdem ihm jemand Auskunft gab, wo er seinen Schüler finden könnte, machte er sich mit gezielten Schritte auf den Weg dorthin. Mutter Mond erleuchtete die Wüste in der Nacht. Die Kämpfe in der Ferne flauten ab, ebenso bettete sich das Lazarett in eine erschöpfte Ruhe. Da Weidenranke nicht in dem zugeteilten gemeinsamen Zelt zu finden war, wollte der Druide nach seinem Schüler sehen. Zu seinem Glück hatte er sich auch von seiner Stelle nicht fortbewegt. Als der Shan’do den Stoff vom Zelt zur Seite schob, um einen ersten Blick hinein zu werfen, hielt er sich mit dem folgenden Schritt augenblicklich zurück. Das Operationsgeschirr des Thero’shan lag grob fahrlässig auf dem Boden verteilt, während dieser mit zusammengesackten Schulter sich über der Wasserschale auf die Unterlage stemmte. Einen Moment lang ließ der Shan’do das Bild mit gekräuselten Lippen auf sich wirken, dann erhob er in gespielt höflicher Manier die Stimme. „Ihr solltet Eure Emotionen nicht an Eurem Werkzeug auslassen, Bruder.“ Wie ertappt fuhr Yeshar herum, als unerwartet neben ihm die Stimme seines Shan’dos ertönte. Sichtbare Tränenspuren liefen seine Wangen hinab und er öffnete den Mund, wurde jedoch von dem Druiden sogleich abgeschnitten. „Bitte. Ich lehrte Euch, euer Material stets zu pflegen. Die Sande in Silithus geben mehr als ausreichend Möglichkeiten, Euch anderweitig auszulassen.“ Er nickte gen den verteilten Instrumenten und setzt bereits wieder einen Fuß vor das Zelt. „Räumt das auf und macht nicht zu lange. Morgen wird wieder ein anstrengender Tag.“