Die Aldor Wiki
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Ein Buch von Kari Sha’thar[1][2].
Die Sache mit der Burg

Prolog

Eine kurze Vorstellung:

Ich bin Kari Sha’thar, ehemals Kari Sturmtanz, eine Ren’dorei. Eigentlich sollte ich, wenn es nach dem Wunsch meiner Eltern ginge, einen Adligen aus Silbermond heiraten, doch ich entschied mich dagegen. Ich lief weg und machte allerlei Dummheiten, bis ich zu dem wurde, was ich nun bin und aus der Gemeinschaft der Sin’dorei ausgestoßen wurde. Seit dieser Zeit streife ich als Abenteurerin durch die Welt, erledigte Aufträge und schloss mich einer kleinen Söldnereinheit an, den Falkenklingen. Die Falkenklingen erledigten Aufträge, an die sich der gemeine Soldat nicht einmal mit der Kneifzange herantrauen würde. Leider wurde die Einheit nach einigen erfolgreichen Jahren aufgelöst. Seitdem übernehme ich die Vergabe von Aufträgen selber.

Ich habe niemals eine militärische Ausbildung erhalten, den Kampf mit dem Schwert habe ich von meinem Bruder erlernt, der als Waldläufer in Silbermonds Streitmacht dient. Andere Fertigkeiten habe ich während meiner Jugend oder als Abenteurerin mir angeeignet.

Manche mögen behaupten, ich habe viele Fehler und womöglich haben sie auch recht, aber es gibt einen Fehler, der mich selbst stört. Ich kann mir keine Namen merken. Ich muss also keine Namen verfälschen, ich kann mich schlicht nicht an sie erinnern. Sie, lieber Leser, werden daher in den Texten mit einer Menge Spitznamen konfrontiert werden, ich hoffe, Sie finden sich dennoch zurecht.

Doch nun genug zu mir, auf den kommenden Seiten erzähle ich Ihnen, lieber Leser, von den Abenteuern, die ich erlebt habe. Ich wünsche Ihnen viel Spaß und vielleicht motiviere ich Sie, ebenso wie ich, die Spannung am eigenen Körper spüren zu wollen und wir treffen uns eines Tages in einer tiefen, finsteren Höhle auf der Suche nach einem verborgenen Schatz.

Kapitel 1 – Das Versteck

Es ist schon eine Weile her, da hatte ich den Auftrag von einem Bekannten – ich nenne ihn den Dicken, wieso liegt wohl auf der Hand, der Kerl ist riesig und sein Bauchumfang beträchtlich – jedenfalls hatte ich von besagten Bekannten den Auftrag bekommen, zwei Gemälde von einer Diebesbande zurück zu holen. Die Diebe führten ihre Raubzüge in Sturmwind und Umgebung aus und waren darin gar nicht mal so ungeschickt. Woher der Dicke jedoch wusste, dass sich die Diebe ein Versteck in einer verfallenen Burg gesucht hatten, war mir nicht bekannt. Aber der Dicke hatte seine Quellen. Ich war oft überrascht, wie genau er wusste, was in Sturmwind so lief.

Jedenfalls hatte ich mich auf den Weg zur Ruine gemacht, um den Dieben ihr Diebesgut wieder abzunehmen. Dort angekommen, nutzte ich einen großen Stein als Deckung und lugte dahinter hervor, um das verfallene Hauptgebäude in Augenschein zu nehmen. Ich war nach kurzer Zeit erstaunt, denn es war nur eine einzelne Wache zu sehen, die an der Tür zum Gebäude auf den Stufen saß und diese vollführte ihre Arbeit auch noch nicht einmal gewissenhaft. Die Wache hatte die Augen geschlossen und sonnte sich von den wenigen Strahlen, die zu dieser Jahreszeit durch die dichte Wolkendecke kamen. Ich suchte die Gegend noch einmal mit den Blicken ab, aber ich konnte beim besten Willen keine weitere Person sehen. Ich runzelte die Stirn, denn das wirkte viel zu einfach, aber ich vertraute dem Dicken, dass er keinen Mist erzählte und die Informationen stimmten. Ich nutzte das viele Geröll rund um das verfallene Gemäuer aus, huschte von Deckung zu Deckung und versuchte, so wenig Geräusche wie möglich zu machen. Die Wache öffnete kein einziges Mal die Augen und erinnerte sich an seine Aufgabe. Ich schnaubte leise und schob mich weiter vorwärts, bis ich den Fuß der Treppe erreicht hatte. Und da hörte ich es. Ein Schnarchen. Der Kerl auf der Treppe schlief! Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Der Auftrag war plötzlich um einiges leichter geworden, aber ich würde mich nicht beschweren. Ich überwand die Treppe mit ein paar schnellen, leisen Schritten und probierte, die schwere Eichentür zu öffnen. Sie war offen.

Mir kam das viel zu einfach vor, ob man mir eine Falle stellen wollte? Aber ein Rückzug war nicht drin, ich schob die Tür gerade so weit auf, dass ich mich hindurch quetschen konnte und zog sie hinter mir wieder zu. Es war im Inneren recht dunkel, die wenigen Fenster, die es gab, waren zu schmal und zu wenige, um den Gang wirklich hell zu erleuchten. Und an Kerzen hatten die Banditen auch nicht gedacht. Aber ich fand das sowieso viel angenehmer, im Notfall konnte man noch Zuflucht im Schatten finden. Vor mir war eine Treppe, die nach oben führte und auf halben Weg nach links abknickte. Zu meiner Linken befand sich eine Tür, die nur angelehnt war und daraus drang ein Lichtschein und warf ein kompliziert aussehendes Muster auf den Boden des Ganges. Hinter der Tür waren eindeutig Stimmen zu hören.

Vorsichtig schlich ich näher um zu lauschen. Es waren mehrere Personen, die sich unterhielten. Gerade wurde laut gelacht und dann hörte ich eine Stimme sagen » Ja doch, glaubt mir. Ich hatte echt die Hosen voll. Ich hab gedacht, jetzt haben sie mich, aber wisst ihr was diese dämlichen Stadtwachen dann machten? Die haben mich nicht weiter beachtet, sondern eine dieser Ren’doreis kontrolliert. Die hatte eigentlich nichts weiter getan, als da zu sitzen. « Wieder Gelächter. » Du meinst, die haben ernsthaft dich, der schon von Weitem wie ein Gauner aussieht, nicht weiter beachtet? « rief ungläubig eine andere Stimme. Wieder war rauhes Gelächter zu vernehmen.

Ich wandte mich nach dem kurzen Ausschnitt des Gesprächs ab und schlich kopfschüttelnd zur Treppe. Die würden sich gewiss noch eine Weile über die Stadtwache amüsieren und würden mir daher vermutlich nicht in die Quere kommen. Ja, bei dem Thema Stadtwache schieden sich die Geister.

Ich hatte einmal den Auftrag, in der Altstadt nach dem Rechten zu sehen, zu erkunden, ob das Viertel halbwegs sicher ist, oder ob da irgendwelche Banden hausten. Schlau, wie ich meinte zu sein, dachte ich mir, wieso nicht die Stadtwache befragen. Wer sonst als diese sollte wissen, wie es in der Altstadt aussah, zumal sie ja dort auch noch ihr Hauptquartier besaß. Naiv wie ich damals war, ging ich also hin und fragte die Wache, ob es in den letzten Tagen irgendwelche Vorkommnisse in dieser Gegend gab. Da wurde als erstes gefragt, wieso ich sowas überhaupt wissen wollen würde. Ich bin gewiss nicht aufs Maul gefallen, also antwortete ich, dass ich als Bürgerin dieser Stadt mir überlegt habe, ob ich nicht in die Altstadt ziehe, vorher aber wissen wollte, ob das Viertel sicher wäre. Die Antwort darauf ließ mich dann glatt sprachlos werden und das ist eigentlich schwierig. Für gewöhnlich rede ich eher zu viel. » Wenn ihr auf der Hauptstraße bleibt, solltet ihr sicher sein. « Nach dieser Aussage waren sie bei mir unten durch und bisher hatte ich noch keinen Anlass, diese Meinung zu ändern, eher im Gegenteil, gab es da noch ganz andere Geschichten, die ich hier aber nicht zum Besten geben möchte. Aber nicht umsonst grassierte die Meinung in Sturmwind, für Diebe und Banditen holt man nicht die Stadtwache, sondern wirkliche Experten. Aber zurück zur Geschichte.

Als ich an der Treppe angekommen war, schlich ich sie hinauf und war froh, dass die Stufen aus Stein waren. So verursachten die Schritte weniger Geräusche, als auf einer Holztreppe, die im Alter immer mehr verzog und dadurch gerne ein lautes, verräterisches Knarzen von sich gab. Obwohl ich aufpasste, wurde ich trotzdem von der Gestalt überrascht, die sich am oberen Ende aus der Dunkelheit schälte und sich als eine Menschenfrau entpuppte. Doch auch diese schien überrascht zu sein. » Was zum… « keuchte sie und ihre Augen weiteten sich. Ich musste handeln, bevor die Frau die restlichen Banditen alarmieren konnte. Ich packte sie gedankenschnell mit beiden Händen am Kragen und schleuderte sie gegen die Wand. Die Frau reagierte ihrerseits nicht ganz so schnell. Sie schaffte es nicht mehr, ihre Arme zum Schutz empor zu reißen und so kollidierte ihr Gesicht mit der Wand und sie sackte schlaff in sich zusammen. Ich hielt meine ohnmächtige Gegnerin noch mit einer Hand am Kragen und lauschte, ob der kurze Kampf bemerkt worden war, doch ich konnte keine Veränderung der Lage feststellen. Dabei bemerkte ich nicht, wie der Stoff der Frau, den ich gepackt hielt, riss und mir durch die Finger glitt. Mit einem dumpfen Aufklatschen ging die bewusstlose Frau vollends zu Boden und rollte mehrere Treppenstufen hinunter. Ich verzog das Gesicht, als ich dem abwärts rutschenden Körper hinterher blickte. Oh, das war höchst ungesund. Wenn die Frau wieder aufwachen sollte, dann hatte sie gewiss einige Knochenbrüche auszukurieren. Ich murmelte unwillkürlich noch ein » Entschuldigung « der Frau hinterher, denn diese Verletzung hatte ich ihr nicht antun wollen, drehte dann aber auf dem Absatz um und ging oben den Gang weiter. Dieser endete schließlich an einer massiven Eichentür.

Um zu prüfen, ob sich dahinter jemand befand, legte ich ein Ohr an die Tür und lauschte. Ich konnte Stimmen vernehmen, aber sie klangen gedämpft und leise, daher ging ich davon aus, dass die Besitzer der Stimmen nicht direkt an der Tür standen. Ich riskierte es daher und drückte leise die Türklinke herunter. Die Tür war verschlossen.

Das war dumm. Ich prüfte das Schlüsselloch und fand heraus, dass der Schlüssel auf der anderen Seite im Schloss steckte. Mit einem Dietrich ließ sich so die Tür nicht öffnen. Ich musterte die Tür und insbesondere den Türschlitz am Boden. Der war recht hoch, so dass einer der alten Tricks funktionieren könnte. Ich ging die paar Schritt zurück zur Treppe und zur gestürzten Banditin und befreite diese von ihrem Umhang, den sie getragen hatte. Dabei stöhnte die Frau leise auf. Sie lebte also nach dem Sturz noch, das fand ich sehr beruhigend. Ich tätschelte ihr kurz tröstend die Schulter und machte mich dann mit ihrem Umhang auf den Weg zurück zu der Tür.

Ich trag einen Umhang eigentlich nur, wenn es kalt ist, oder es regnet. Wieso Andere gerne Umhänge tragen, ist mir nie klar gewesen. Ein Umhang ist völlig unpraktisch, eben nur sinnvoll, um vor Kälte oder Regen zu schützen. Oder wenn noch mit Kapuze, dann, um nicht erkannt zu werden, vorausgesetzt man entsorgt später den Umhang. Sonst ist man ja anhand des Umhangs auszumachen. Für einen Kampf ist ein Umhang gänzlich ungeeignet, das hatte mir mein Bruder schnell beigebracht. Stolz war ich eines Tages bei einer unserer Übungsstunden mit einem Umhang aufgetaucht, aber nur einmal. So einen Fehler mache ich für gewöhnlich nicht noch einmal. Mein Bruder hatte mir nicht nur beigebracht, dass der Umhang totes Gewicht war, das dich langsamer werden ließ, nein, er zeigte auch noch, wie man auf so einen Umhang trat, wie man ihn packte und sein Gegenüber damit regelrecht strangulieren konnte, oder wie man den Umhang seines Gegenüber ihm einfach über den Kopf zog. Schon konnte dieser nichts mehr sehen und war auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Für gewöhnlich strafte mich mein Bruder für Fehler immer mit einem ordentlichen Schlag, mit der Breitseite eines seiner Schwerter, auf mein Hinterteil. Die nächsten Stunden hatte ich nach der Übung nur noch unter Schmerzen sitzen können.

Wieder an der Tür angekommen, faltete ich den Umhang und schob ihn ein gutes Stück unter dem Türschlitz hindurch. Mit einer kleinen Handbewegung sprang mir mein Messer in die Hand. Ich schaute mir noch einmal genau das Türschloss an und stocherte schließlich so lange mit dem Messer darin herum, bis der Schlüssel auf der anderen Seite zu Boden fiel, genau auf den dort wartenden Umhang. Dann zog ich den Umhang zurück und hatte den Schlüssel. Die Tür damit aufzuschließen war ein Kinderspiel, doch dann war wieder Vorsicht angesagt. Türen, die nicht gepflegt wurden, gaben für gewöhnlich Geräusche von sich, wenn man sie öffnete. Daher nahm ich mir viel Zeit und öffnete die Tür auch nur einen Spalt breit, gerade einmal so weit, dass ich mich durchquetschen konnte. Dann schloss ich die Tür wieder hinter mir und steckte den Schlüssel ins Schloss. Erst danach nahm ich mir die Zeit, mich umzusehen.

Kapitel 2 – Schatzkammer

Der Raum besaß zwei Fenster, weshalb es recht hell war, schließlich war die Sonne noch nicht untergegangen. Es gab eine zweite Tür, diese war nur angelehnt und dahinter konnte man Stimmen vernehmen. Der Raum selbst war kahl, mit Ausnahme einiger Kisten und Kästen, die an den Wänden standen und die mit Sicherheit das geraubte Diebesgut beinhalteten. Das war nicht wenig, wurde mir mit Erstaunen bewußt. Ich blickte mich um und suchte die beiden Bilder, weswegen mich der Dicke geschickt hatte. Aber ich konnte sie hier nirgends entdecken. Schließlich huschte ich leise zur anderen Tür hinüber. Da der Boden aus alten Holzdielen bestand, blieb ich immer in der Nähe der Wand, genau dort, wo das Holz die wenigsten Geräusche verursachte. An der Tür angekommen, lauschte ich und meine Nackenhärchen stellten sich auf. Etwas war komisch. Ich war mir sicher, dass ich vorher zwei Stimmen gehört hatte, jetzt redete aber nur einer. Und der Kerl redete ungewöhnlich laut. Hier stimmte was ganz und gar nicht.

Ich nahm aus einem meiner Beutel am Gürtel drei Kieselsteine raus und hielt sie kurz prüfend in der Hand. Dann stellte ich mich an die Seite der Tür und warf die Kiesel in die Ecke mir gegenüber. Ich brauchte nicht lange auf eine Reaktion zu warten. Die Tür wurde fast sofort aufgerissen, als ob dahinter bereits jemand gelauert hatte und ein Kerl mit gezücktem Langschwert stürmte in den Raum, den Blick der Richtung zugewandt, in die ich auch die Steine geworfen hatte. Ich nutzte die Unaufmerksamkeit sofort aus, trat dem Kerl in die Kniekehle, als er an mir vorbei schritt und sprang ihn, als er strauchelte, von hinten an. Wir gingen beide krachend zu Boden. Bevor der Kerl reagieren konnte, krallte ich meine Faust in sein Haar, riss seinen Kopf in den Nacken und ließ ihn sogleich hart auf den Dielenbrettern aufschlagen. Es gab einen dumpfen Aufschlag und gleich darauf zappelte der Kerl nicht mehr, sondern blieb still liegen. Schnell rollte ich mich von dem Bewußtlosen herunter und stand auf, schließlich wusste ich ja, es gab wenigstens noch einen zweiten Gegner. Der zweite Kerl stand bereits im Türrahmen, sein vor Zorn verzerrtes Gesicht entblößte eine breite Zahnlücke, weshalb ich ihn auch kurzerhand Zahnlücke taufte. Und besagte Zahnlücke ließ auch nicht lange auf sich warten und stach mit seinem Schwert nach mir. Dabei knurrte er beinahe wie ein Hund. Ich wich zurück und zog meinen schweren Dolch, den mir mein Bruder damals geschenkt hatte. Zahnlücke führte zwei weitere wilde Hiebe, denen ich ebenso entging, indem ich weiter nach hinten zurück wich. Aber viel Platz war da nicht mehr. Der Kampf durfte nicht lange dauern, wenn die Kerle von unten nicht alarmiert werden sollten. Das wurde wohl auch Zahnlücke klar, denn er hielt plötzlich inne und holte bereits Luft für einen lauten Schrei. Mit einer schnellen Bewegung zog ich einen meiner beiden Wurfmesser und schleuderte ihn in derselben Bewegung auf meinen Gegner. Ich konnte nur hoffen, dass er traf, doch mir war das Glück dieses Mal hold. Die fliegende Klinge bohrte sich in die Schulter von Zahnlücke und dieser stolperte mit einem Keuchen zurück. Diesen Augenblick nutzte ich aus und stürmte auf ihn zu. Meine Schulter traf ihn in die Seite und auch die letzte Luft in seinen Lungen entwich ihm mit einem Pfeifen. Dabei spürte ich, wie etwas in meiner Schulter riss und ein scharfer Schmerz mich durchzuckte. Doch Schmerzen sind wie lästige Verwandte, man begrüßte sie lächelnd und war froh, wenn man sie wieder los wurde. Ich hatte in den Jahren davor schon einigen Schmerz ertragen müssen, weshalb er mir nicht fremd war. Ich konnte ihn zwar nicht vollständig ignorieren, aber ihn soweit abschütteln, dass ich auch weiterhin Handlungsfähig blieb. Zahnlücke selbst lag zwar am Boden, war aber noch nicht vollständig ausgeschaltet. Schon sah ich, wie er wieder den Mund öffnete, um zu schreien. Ich hob den schweren Dolch und knallte dem Kerl den Knauf an die Schläfe. Zahnlücke gab noch einen leisen Seufzer von sich, dann lag er still. Ich atmete einmal kurz durch, richtete mich auf, steckte den Dolch weg und bewegte vorsichtig meine lädierte Schulter. Es tat weh, aber ich konnte es aushalten. Das hatte später jemand zu begutachten.

Ich nutzte nun die Gelegenheit und betrat den Raum, aus dem die zwei Kerle gekommen waren. Auch hier waren Kisten und Kästen mit vermutlich geraubten Diebesgut an den Wänden gestapelt. Nach kurzer Suche fand ich zwei zusammengerollte Leinwände. Es waren die einzigen, die mir auffielen. Ich nahm sie und rollte sie ein Stück weit auseinander. Ich brauchte keinen zweiten Blick, um zu wissen, dass es genau die zwei Gemälde waren, die der Dicke haben wollte. Perfekt. Ich steckte die beiden Leinwände in eine lederne Schutzhülle, die ich für diesen Zweck extra mitgeführt hatte und hängte sie mir wieder auf den Rücken. Auftrag erledigt, jetzt musste man nur noch rau… In dem Moment hörte ich den Alarmschrei von unten. Mit schnellen Schritten war ich an der Tür und öffnete diese, um nach draußen zu blicken. Ich sah Gestalten auf der Treppe. Es war also zu spät um zu entwischen. Ich schloß die Tür und drehte den Schlüssel im Schloss. Das würde nicht ewig halten. Hoffentlich aber so lange, bis mir ein Ausweg einfiel. Ich blickte mich suchend um. Mein Blick fiel auf die Fenster. Es war recht hoch, von hier hinunter zu springen, aber da stand ein Baum. Mit einem beherzten Sprung konnte man diesen erreichen und mit ein wenig Glück dann an ihm hinunter klettern. Es wäre schwierig, aber machbar. Dann registrierte ich, dass es keine Möglichkeit gab, die Fenster zu öffnen und der Rahmen selbst war aus solidem Holz gefertigt. Wer macht denn sowas? Und wie sollte ich das verdammte Ding jetzt öffnen? In dem Moment wurde bereits wild an der Tür gerüttelt. Ich fuhr herum und sah, wie die Tür unter wilden Schlägen erzitterte. Sie würde nicht mehr lange halten. Ich biss mir nachdenklich auf die Unterlippe, da wurde mein Gedankengang von einem Stöhnen unterbrochen, das Zahnlücke ausgestoßen hatte. Er kam so langsam wieder zu sich. Harter Kerl. Und da hatte ich die Idee.

» Tut mir leid Zahnlücke, aber das wird dir jetzt nicht gefallen. « sagte ich, packte ihn am Kragen und zog ihn unter Stöhnen und mit aller Kraft auf die Beine. Er schwankte und war alles andere als sicher auf den Beinen, auch wusste er wohl nicht genau, was mit ihm geschah, denn er blickte mich aus trüben Augen an.

» Den brauch ich noch « sagte ich und zog das Wurfmesser aus seiner Schulter. Er schrie auf und presste seine Hand auf die Wunde. Die Ablenkung nutzte ich aus, steckte das Wurfmesser weg und packte den Kerl wieder feste. » Das wird leider gleich noch viel mehr weh tun. Entschuldige. « sagte ich ihm mit bedauernden Blick. Er blickte mich zuerst verständnislos an. Und als er es verstand, war es bereits für ihn zu spät. Ich stieß ihn mit aller Kraft Richtung Fenster. Er taumelte zurück und krachte mit Wucht gegen die Fensterscheibe, die dem Druck nicht standhalten konnte und zerbarst. Zahnlücke schrie vor Schreck, als er durch das Fenster brach und in die Tiefe stürzte.

Ich trat ans nun offene Fenster und blickte hinunter. Der Kerl lag direkt unter dem Fenster am Boden, das eine Bein in eine etwas unnatürliche Lage, aber er bewegte sich noch leicht. Ich war doch schon ein wenig erleichtert. Ich kletterte auf den Fenstersims und maß die Strecke zum Baum. Es war doch schon ein gutes Stück, da musste ich ordentlich springen. Aber der Sprung war zu schaffen. Ein heftiger Schlag ließ die Tür erzittern und ich drehte mich unwillkürlich um. Noch so einen Schlag würde die Tür nicht mehr aushalten, es war Zeit. Ich drehte mich wieder um und zog fluchend meine Hand zurück. Ich hatte nicht aufgepasst und mich an einem der Glassplitter geschnitten. Drei blutige Kratzer prangten nun auf meinem Handrücken. » Kari, du bist dumm… « schimpfte ich mich selbst aus, musterte noch einmal die Entfernung zum Baum und sprang dann ohne zu zögern. Hinter mir hörte ich, wie das Holz der Tür zerbarst.

Der Aufprall war nicht so, wie ich ihn mir gedacht hatte. Er war wesentlich härter. Ein Ast traf mich hart in den Bauch, trieb mit die Luft aus den Lungen und meine Stirn bremste mit dem Baumstamm und schrammte ordentlich dagegen, so dass ich im ersten Moment nur Sterne sah. Ich blinzelte und fasste mir an den dröhnenden Kopf. An meiner Hand klebte Blut, als ich sie zurück nahm. » Ganz große Klasse Kari. Ich weiß schon jetzt, welches Gesicht mein Held ziehen wird, wenn er mich so sieht. « fluchte ich über mich selbst. Ich blickte hoch zu dem Fenster aus dem ich gesprungen war und sah dort die ersten Gesichter der Banditen auftauchen. Jetzt wurde es aber Zeit, die Beine in die Hand zu nehmen. Ich schwang mich das letzte Stück vom Baum auf die Erde und landete mit den Füßen direkt neben dem stöhnenden Zahnlücke. » Wird schon wieder.. « sagte ich ihm aufmunternd und rannte dann los. Es war noch ein gutes Stück Weg zurück nach Sturmwind. Ich würde vermutlich erst tief in der Nacht dort ankommen.

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