Die meisten, die mich kennen, wissen dass ich meine alte Lehrerin sehr verehrt habe und häufig auf dem Friedhof an ihrem Grab bete und so auch heute noch ihren Beistand erfahre. Es war an einem dieser warmen Herbstabende, ich bin noch zum Grab und habe frische Blumen auf das Grab gelegt.
Ich dachte erst an eine Katze, aber das Wimmern hörte nicht auf und so zündete ich meine Laterne an und suchte den Friedhof nach der Quelle der Geräusche ab. Nach dem warmen Tag bildete sich jetzt in der Nacht Nebel auf dem See, direkt neben dem Friedhof und der leichte Wind trieb immer wieder Nebelfetzen über die Wege. Das Herbstlaub raschelte im Wind und unter meinen Schuhen, so dass ich immer wieder stehen bleiben musste, um das Geräusch zu finden. Es war viel weiter weg, als ich zuerst dachte und erst im hintersten Winkel fand ich dann, an einen Grabstein gekauert eine kleine Gestalt.
Es war ein kleines Mädchen, das dort hockte und leise weinte.
Ich ging zu ihm hin und sprach es freundlich an, aber es reagierte überhaupt nicht auf mich. Das Mädchen war vielleicht fünf Jahre alt, sehr blass und hatte nasse, wirre, schwarze Haare. Ich nahm sie dann in den Arm und setzte sie auf meinen Schoß um ihr ein wenig Mut zuzusprechen, aber es war, als wenn sie mich weder hörte noch sah. Sie war völlig unterkühlt und ich versuchte sie ein wenig zu wärmen.
In meiner Robe trug ich noch eine kleine blaue Stoffpuppe bei mir, die holte ich nun hervor um sie dem Mädchen zu schenken. Als ich ihr die Puppe in die Hände drückte, stand sie langsam auf und ging ein paar Schritte in Richtung des Grabsteins. Auch ich stand auf und wollte wieder zu ihr, um zu erfahren was denn nur passiert sei, als plötzlich wieder ein Nebelschwaden vom See herüberwehte und sie einhüllte.
Als der Nebel weg war, war auch das Mädchen verschwunden, obwohl sie nur 3 Schritte von mir entfernt gewesen war. Ich suchte alles nach ihr ab, aber ich konnte sie nicht mehr finden.
Am nächsten Tag traf ich eine junge Frau, die weinend vor einem frischen Grab stand. Ich trat zu ihr, um sie ein wenig zu trösten und sie erzählte mir bald von ihrer kleinen Tochter, die vor einigen Tagen im See ertrunken war. Mir blieb fast das Herz stehen, als ich auf das Grab sah.
Dort lagen zwei Stoffpuppen …
… eine war ganz eindeutig die, die ich in der Nacht zuvor dem kleinen Mädchen geschenkt hatte. “Ich habe meiner Kleinen eine Puppe mitgebracht, aber es muss wohl schon jemand hier gewesen sein, denn die blaue Puppe ist nicht von mir.”, erzählte mir die Frau unter Tränen.
Vielleicht kennt ihr das kleine Grab am Ausgang des Zwergenviertels?